StartseiteMagazinLebensartDie Insel der kleinen Schönheiten

Die Insel der kleinen Schönheiten

Auf Tilos, einer wenig bekannten Insel nördlich von Rhodos, kann man sich’s wohl sein lassen. Wer Lärm und Disco sucht, ist hier nicht am rechten Ort. Das eine oder andere Kleinod lässt sich entdecken.

Beschaulich ist es auf Tilos, vor allem im Mai. Eine weite Bucht empfängt die Reisenden, wenn sie mit der Fähre aus Rhodos oder gar aus Athen kommen. Auch Segler und Seglerinnen kennen die Insel, denn in der Bucht vor dem einzigen Hafen ankern sie bequem und sicher. Livadia heisst dieser Ort direkt am Meer. Hier spielt sich das Geschäftsleben ab. Nur wenige Touristen beleben die Insel im Mai, manche leben wohl monatelang da. Wir sprachen mit freundlichen Engländern – sichtlich vertraut mit Tilos.

Es gibt ein paar Läden für Touristen und Einheimische, Restaurants, Cafés, sogar Marktfahrer kommen an einzelnen Tagen und verkaufen wunderbar süsse, auf Tilos gewachsene kleine Tomaten, sogar eine Melone aus Tilos, allerdings unter Plastik gereift, und Kartoffeln. Einen Geflügelverkäufer hörte ich aus der Ferne, er kündigte seine Ankunft per Megaphon an. Später sah ich die Hühner – welch eine Schande: Sie waren in engsten Käfigen eingezwängt.

Der «Markt» besteht heute aus zwei kleinen offenen Transportern. Beachten Sie die Waage am Strassenrand. (Foto DS)

Wer davon genug hat, macht sich auf zu einer Wanderung. Nach jeder Seite kann man auf markierten, aber steinigen Wegen laufen, immer von einem Hügelzug zum nächsten, neugierig, welcher Blick sich eröffnet. Die Berge, bis zu 600 m ü. M., sind im Frühling locker mit grünen, teils blühenden Büschen bewachsen, auch auf und neben dem Weg blühen die schönsten Frühlingsblumen.

Ausblick (Foto DS)

Auf dem Meer kommt uns eine Fähre entgegen, die einzige Verbindung der Insel zur «Welt», denn einen Flugplatz gibt es nicht, höchstens einen Hubschrauberlandeplatz für Notfälle. – Eine medizinische Notfallstation gibt es an zwei Orten. Wir sahen selbst, wie ein Ambulanzwagen mit einer kranken Person auf die Fähre fuhr. – Bis ins nächstgelegene Krankenhaus auf Rhodos dauert die Fahrt ungefähr drei Stunden.

Die Fähren zwangen uns mehrmals zu überraschenden Planungsänderungen, was mein mit den griechischen Inseln vertrauter Reisebegleiter und -organisator Dirk nicht erwartet hatte. So hatten wir das Glück, von Rhodos nach Tilos früher fahren zu können als im Fahrplan angegeben. Dafür mussten wir die Insel einen Tag früher verlassen, als wir vorgesehen hatten. – Der Fahrplan wurde mehrmals kurzfristig geändert, ohne dass jemand vorher Bescheid gewusst hätte. Das hat den Vorteil, dass Pauschaltouristen nicht auf solche kleinen Inseln kommen, denn hier heisst es, flexibel zu bleiben.

Die Hänge sind steil und schwer begehbar (Foto DS)

Auf unserer Wanderung gelangen wir in ein grünes Tal, das ein stiller Strand mit dem Meer verbindet: Lethra, ein verlassener Ort, von dem ausser ein paar Mauerresten nichts mehr zu sehen ist. Allerdings wachsen dort Olivenbäume, die offensichtlich noch gepflegt werden, und Feigenbäume – wie an anderen Orten. Wenn auch niemand mehr dort wohnt: Ziegen – keine wilden – sind da daheim, sie klettern überall herum und verständigen sich meckernd. Sie sind teilweise eingezäunt und erhalten Wasser. Im Tal sammelt sich Feuchtigkeit, vielleicht gibt es sogar eine Quelle.

Auf Tilos wächst Oleander auch wild
(Foto DS)

Wenn man dem Tal ins Inselinnere folgt, kommt man zu einer der Sehenswürdigkeiten der Insel: dem verlassenen Dorf Mikro Chorio, malerisch am Berg gelegen. Aber siehe da: Es mag verlassen gewesen sein. Heute versucht man, es als Anziehungspunkt für Touristen zumindest teilweise wiederzubeleben. Die Kirche mit angebautem Kloster sieht schon restauriert aus, ein paar Häuschen auch, und wir machen unsere Vesperpause auf dem Mäuerchen einer kleinen Kneipe, die erst aufmacht, wenn mehr Gäste zu erwarten sind.

Im Hauptort Megalo Chorio («Grossdorf») mit Rathaus, selbstverständlich einer Kirche und der Schule, Zentrumsschule für mehrere Inseln, könnten wir beim Bäcker leckere griechische Backwaren kaufen und im Café über den Ort schauen, hatte mir Dirk versprochen. – Aber das Café war geschlossen, einzig ein kleiner Supermarkt war offen und sonst gar nichts. Nur die freundliche junge Ambulanzärztin unterhielt sich gern mit uns, d.h. mit Dirk, denn ich kann nur «Guten Tag» und «Danke» auf Griechisch sagen.

Blick in den Klosterhof (Foto DS)

So klein die Insel ist, so verzweigt ist sie mit einigen Bergen und vielen «Armen» ins Meer. Man muss ein Auto mieten, wenn man die verborgenen Schönheiten entdecken will: Ein Kleinod findet man erst «am Ende der Welt»: ein Kloster mit hübscher Kirche, einem Brunnen, schönen Terrassen und Katzen, jeden Tag von 12 – 18 Uhr von einem Mönch betreut, der mit dem Moped hochfährt. – Vor zehn Jahren wohnte im Kloster noch ein Mönch – es hätten sicher 10 oder 12 Mönche Platz. Allerdings haben wir das Gebäude nicht von innen gesehen, vielleicht ist es renovationsbedürftig. An Kirchenfesten ist die Anlage belebt, es gibt zu essen und zu trinken, und es wird Musik gemacht. Zum Brunnen fahren die Inselbewohner gern und füllen die Kanister für ihren griechischen Kaffee, denn dort fliesst «gutes Wasser».

Grosse Teile von Tilos stehen unter Naturschutz, sie dienen den Zugvögeln als Rastplatz. Wer dort Vögel beobachten will, braucht eine gute Bergausrüstung. Die schroffen Hänge aus lockerem Felsgestein bzw. rutschender Erde sind nicht leicht zu begehen. – Auf Tilos lebt man umweltbewusst. Der Inselbus fährt elektrisch, es gibt Windräder und Sonnenkollektoren.

Ein kleines Kuriosum der Naturgeschichte zeigt das Elefantenmuseum. Auf Tilos wie auf vielen anderen Mittelmeerinseln gab es bis in die Bronzezeit Zwergelefanten. Die Knochen des Palaeoloxodon tiliensis wurden nicht weit vom Museum entfernt in einer Höhle gefunden. Die Wissenschaftler rätseln darüber, wie es zu der – in ihren Worten – «Inselverzwergung» der Elefanten gekommen war und auch darüber, ob die Menschen der Bronzezeit «schuld» gewesen seien an ihrem Aussterben.

Es kommt der Tag, da wir die Fähre nehmen und ungefähr neun Stunden zu unserem nächsten Ziel fahren: Kastellórizo. (Foto mp)

Der 2. Teil dieses Reiseberichts handelt von Kastellorizo.

Titelbild: Blick auf die weite Bucht vor Livadia / Tilos (Foto DS)

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