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Mehr als Madame «Lüthi und Blanc»

Ohne Katja Früh hätte es die höchst erfolgreiche Schweizer TV-Soap «Lüthi und Blanc» wohl nicht gegeben. Die Zürcher Autorin und Regisseurin musste sich zuerst von ihren Eltern emanzipieren, bevor sie ihren eigenen künstlerischen Weg verfolgen konnte. Ein Porträt.

Erinnern Sie sich noch an die Seifenoper «Lüthi und Blanc» des Schweizer Fernsehens? Mit Sicherheit tun Sie das. Denn zwischen 1999 und 2007 sind sagenhafte 288 Folgen in acht Staffeln über die Bildschirme der Nation geflimmert. Alles, was hierzulande in der Schauspielerei einen Namen hat, hat mitgemischt. Und sogar Branchenfremde (wie Moritz Leuenberger), TV-Lieblinge (wie Beni Thurnheer) und Servela-Promis (zum Beispiel Renzo Blumenthal) durften sich in Gastauftritten zeigen.

Erfunden und mehrheitlich auch Drehbuch geführt hat bei dieser unglaublich erfolgreichen Soap die Zürcher Regisseurin und Autorin Katja Früh. Freundlich empfangen werden wir bei unserem Besuch von ihrem Mann, dem im Ruhestand befindlichen TV-Mann Hans Bärenbold. Am grossen Tisch in der heimeligen Altstadtstube serviert er uns Kaffee.

Um den Vater dreht sich alles

Geboren als Sonntagskind im Mai 1953 wächst Katja Früh in einer Familie auf, die sich ganz der Schauspielerei verschrieben hat. Ihr Vater, der bekannte Schweizer Regisseur Kurt Früh (1915- 1979), war so was wie der Fixstern, um den sich das ganze Familienleben drehte. «Mein Vater war fast besessen, wenn er gerade an einem Projekt war. Das war dann das einzige Thema am Familientisch», erzählt Katja Früh. Oft seien Leute vorbeigekommen, die am betreffenden Film mitspielten. Ruedi Walter etwa, «der bei uns Kindern auch mal den Samichlaus gespielt hat».

Auch das Leben ihrer Mutter, der österreichischstämmigen Schauspielerin Eva Langraf (1919–2009), habe sich komplett um den Vater und dessen Projekte gedreht. Bei den Filmen sei sie aber dennoch beteiligt gewesen, indem sie mitgeschrieben habe bei den Drehbüchern und ihrem Mann so viele Ideen vermittelt habe. Die Filmtitel seien grösstenteils Ideen der Mutter gewesen, erinnert sie sich – so auch jener des Films «Hinter den sieben Gleisen» aus dem Jahre 1959 unter anderem mit Ruedi Walter, Zarli Carigiet, Hannes Schmidhauser und Margrit Rainer. «Sogar die Schlussszenen tragen häufig die Handschrift meiner Mutter, weil sie grundsätzlich etwas gegen Happy Ends hatte.»
Ihren Beruf als Schauspielerin habe die Mutter der Familie wegen früh an den Nagel gehängt. Im Nachhinein tut es Katja Früh leid, dass Mami viel hat tragen und ertragen müssen – «umso mehr, als sie eine wirklich gute Schauspielerin gewesen ist».

Von einem Fluch möchte Katja Früh (Foto)  nicht sprechen, in eine Künstlerfamilie hineingeboren zu werden. Auch nicht von einem Segen. Aber gewisse Nachteile habe diese Tatsache schon: «Man braucht länger, um selbstständig zu werden und sich zu lösen vom Urteil der Eltern, was den eigenen künstlerischen Weg anbelangt.» Sie sei in jungen Jahren stark beeinflusst gewesen von den Eltern. «So habe ich unbedingt Schauspielerin werden müssen, weil ich der Überzeugung war, nur dann deren Achtung zu haben.»

Von der Schauspielerei zum Inszenieren

Doch bevor sie sich in Berlin am Max-Reinhardt-Seminar zur Schauspielerin ausbilden lässt, absolviert sie die Kunstgewerbeschule in Zürich. Als Schauspielerin ist sie dann auf den Bühnen des Zürcher Neumarkttheaters, aber auch in Hannover und Wuppertal zu sehen. Ab 1978 beginnt Katja Früh selber zu inszenieren und begibt sich damit auf den Weg ihres Vaters. Doch dann, räumt sie ein, sei sie weitgehend freier gewesen vom Gedanken, den Eltern genügen zu müssen. Sie habe einfach realisiert, dass ihr die Arbeit als Drehbuchautorin und Regisseurin sehr liege – mehr noch als das Selber-im-Rampenlicht-Stehen.

Theoretisch ist Katja Früh längst im Ruhestand. Doch noch immer ist sie recht gut beschäftigt: Einerseits, indem sie, meist als Teamwork mit Patrick Frey, Theaterstücke verfasst. Andererseits, in- dem sie für das «Magazin» des Tages-Anzeigers eine vierzehntägliche Kolumne schreibt.

«Patrick und ich sind ein richtig eingespieltes Schreibpaar – seit mindestens 30 Jahren schon.» Ihn trifft sie fast täglich in dessen Büro zum gemeinsamen Arbeiten. Allerdings erst nachmittags, denn am Morgen schlafe sie bis etwa 10 Uhr aus, dann werden beim Kaffee Zeitungen verschlungen. Zusammen mit Frey arbeitet sie an Drehbüchern bis Feierabend. «Wir erfinden jedes Wörtchen zusammen, streiten manchmal konstruktiv und deshalb dauert es zuweilen länger», sagt sie. Ab und zu gibt es völlig unproduktive Tage, an denen das Schreibpaar nur miteinander über Gott und die Welt spricht, «aber das ist auch schön». Dann, um zirka 18 Uhr, beschliessen die beiden ihren Arbeitstag oft bei einem Gin Tonic. «Danach gehe ich heim, wo mein Mann bereits mit dem Nachtessen auf mich wartet.» Seit er pensioniert sei, habe er den Haushalt übernommen, räumt Katja Früh ein. «Er macht alles. Ich muss gar nichts tun – manchmal fast ein wenig zu wenig.»

Gastrolle an Silvester

Das Schreiben der «Tagi-Magi»-Kolumne macht ihr hie und da zu schaffen, gesteht sie. «Ich leide wie ein Hund, bis ich endlich das Thema habe, zu dem ich schreiben kann – eine echte Qual!» Das Schreiben selber gehe dann jeweils lockerer von der Hand.

Dass sie im Mai dieses Jahres 70 geworden ist, bereitet Katja Früh keine grösseren Sorgen. Zumindest nicht das Alter an sich: «Ich bin nicht ungern alt, ausser wenn körperliche Bresten und Baustellen damit verbunden sind. Aber die Zahl 70 an und für sich klingt für mich unangenehm.» In ihrer Arbeit spielen das Älterwerden und das Alter schon lange eine wichtige Rolle. So hat sie unter anderem für Radio DRS 1 ab 1991 eine unterhaltsame Sendereihe unter dem Titel «Memo-Treff» realisiert.

Mit ihrem Leben ist Katja Früh zufrieden. Sie sagt: «Ich hatte ein farbiges und interessantes Leben – mit Krisen selbstverständlich, aber zum Glück auch mit vielen Höhepunkten.» Das Beste seien ihre beiden Kinder. Tochter Lisa Maria Bärenbold ist übrigens auch Schauspielerin geworden. Und Sohn Severin ist Filmemacher. So spannt sich der rote Faden weiter.

In einem Interview, erschienen vor mehr als 20 Jahren, wurde Katja Früh gefragt, ob sie selber denn jemals wieder auf einer Bühne stehen werde. Ihre Antwort damals – wir zitieren: «Nein, sicher nicht. Vielleicht mit 90, weil ich finde, dass die Schauspielerei eine gute Art zu altern ist.»

Zu dieser Antwort könne sie noch heute stehen, sagt Katja Früh. Denn sie suche das Rampenlicht grundsätzlich nicht. Allerdings hat sie am vergangenen Silvester für eine Schauspielerin einspringen und im Stück «Charity» eine verrückte Alte spielen müssen.

Titelbild: Katja Früh. Fotos: Christian Roth

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