StartseiteMagazinKulturMax Huggler, Wegbereiter der Moderne in Bern

Max Huggler, Wegbereiter der Moderne in Bern

Als Leiter der Kunsthalle und des Kunstmuseums prägte Max Huggler die Berner Kunstwelt von den 1930er bis in die 1960er-Jahre. Erstmals gibt eine Biografie «Max Huggler. Ein Leben für die Kunst» von Michael Baumgartner einen Einblick in dessen Leben und Wirken.

Museumsdirektoren haben grossen Einfluss auf die Akzeptanz zeitgenössischer Kunst in der Gesellschaft. Dies zeigte das unlängst publizierte Buch über Wilhelm Wartmann, der von 1909 bis 1949 Kunsthausdirektor in Zürich war, Seniorweb berichtete darüber.

Umschlagabbildung, Ernst Ludwig Kirchner, Bildnis Max Huggler, Holzschnitt, 1933, Kunstmuseum Bern

Nun ist über den langjährigen Leiter der Kunsthalle und des Kunstmuseums Bern ein Buch erschienen «Max Huggler. Ein Leben für die Kunst», recherchiert vom Kunsthistoriker Michael Baumgartner. Er zeigt, wie Huggler in einer konservativ geprägten Gesellschaft es schaffte, allmählich Verständnis für moderne Ansätze in der Kunst zu wecken. Seine beharrliche Förderung von Paul Klees Werk führte rund zehn Jahre nach seinem Tod zum Bau des Paul Klee Zentrums.

Max Huggler (1903-1994) stammte aus einfachen Verhältnissen in Bern, sein Vater starb an Tuberkulose, als er zwölf war. Seine Kindheit war geprägt von der energischen Mutter, die verwitwet erfolgreich ein Geschäft aufbaute sowie von der welschen Haushälterin, die für ihn wie eine Mutter war. Er galt als «schwächliches Kind, nicht zur Verteidigung bereit» und wurde in der Schule oft gehänselt. Umso mehr baute er sich seine eigene Welt auf, war lernfreudig, interessierte sich früh für Botanik und studierte Evangelische Theologie an der Universität Bern, wo er 1926 sein Staatsexamen ablegte.

Volontariat in Berlin

Durch Aufenthalte in Paris und Rom kam er erstmals mit Kunst in Berührung und begann in Bern ein zweites Studium in Kunstgeschichte, das er nach nur drei Semestern mit der Dissertation abschloss. Seine erste Stelle führte ihn von 1928 bis 1931 nach Berlin, wo der frischgebackene Kunsthistoriker als Volontär im Museum für Ostasiatische Kunst tätig war. Ebenso im Kupferstichkabinett, wo er Kirchners graphische Blätter inventarisierte und den deutschen Expressionismus kennenlernte. Berlin war in jenen Jahren trotz Wirtschaftskrise eine offene Stadt, in der Huggler seine Homosexualität nicht verstecken musste.

Leiter der Kunsthalle Bern 1931 bis 1943

Im Mai 1931 kehrte er nach Bern zurück und übernahm die freigewordene Stelle als Sekretär in der Kunsthalle Bern. Diese fungierte seit der Eröffnung 1918 als Galerie, wo zeitgenössische Künstler und Künstlerinnen ihre Werke ausstellen und verkaufen konnten. In Bern gab es nur einen kleinen Kreis, der sich für moderne Kunst engagierte, das Bürgertum und die etablierten Berner Künstler interessierten sich nicht dafür, tolerierten aber Ausstellungen der Avantgarde, wie Käthe Kollwitz, Lovis Corinth, Cuno Amiet oder Sophie Täuber.

Die Kunsthalle Bern wurde als Galerie für Ausstellungen und den Verkauf von Kunstwerken 1918 eröffnet.

Kurz nach seinem Amtsantritt besuchte Huggler Ernst Ludwig Kirchner in Davos, dabei entstand eine lebenslange Freundschaft. 1933 realisierte er in Zusammenarbeit mit dem Künstler die erste grosse Kirchner-Ausstellung. Das Publikum nahm sie verhalten auf, dennoch wurden zwölf Bilder verkauft. 1935 folgte eine umfassende Retrospektive von Paul Klees Werk, der aus politischen Gründen aus Deutschland nach Bern zurückgekehrt war. Um das Berner Publikum nicht zu beunruhigen, wurden zusätzlich zwölf Kleinplastiken von Klees Jugendfreund Paul Haller hinzugefügt.

Huggler stellte Werke aus, die in Deutschland auf der Liste der «Entarteten» standen, wie Wassily Kandinsky, Max Liebermann, Paula Modersohn-Becker oder kurz vor Kriegsausbruch kubistische Malerei. Dennoch richtete er zwischen 1933 und 1944 verschiedene Propaganda-Ausstellungen aus unter der Kontrolle der Nationalsozialisten, auch Mussolinis. Dieses dunkle Kapitel beleuchtet der Autor anhand von Archivmaterial und meint: «Mochte seine politische Haltung auch zwiespältig sein, in künstlerischen Fragen liess sich Max Huggler nicht beirren».

Leiter des Kunstmuseums Bern 1944 bis 1965

1944 wechselte Max Huggler in die Leitung des Kunstmuseums Bern. Im Sinn der Geistigen Landesverteidigung realisierte er die Ausstellung Schweizer Malerei und Bildhauerei seit Hodler. Doch kurz darauf folgte die Ausstellung Der Sturm. Sammlung Nell Walden aus den Jahren 1912-1920 mit Werken etwa von Marc Chagall, Franz Marc oder Oskar Kokoschka. Nell Walden war Sammlerin avantgardistischer Kunst, Künstlerin und Musikerin, übersiedelte 1933 nach Ascona und starb 1975 in Bern.

Der Bau des Kunstmuseums Bern wurde 1879 eröffnet.

Nach Kriegsende wurde das Kunstmuseum Bern zur offiziellen Sammelstelle für Raubkunst (1946-1948). Die Schweiz verpflichtete sich zur Restitution von Kunstwerken, die durch die Nationalsozialisten geraubt worden und in die Schweiz gelangt waren. Der Autor recherchiert dies umfassend und gibt vertieft Einblick in die damalige Sammlungstätigkeit in Bern und auch in Zürich. Durch die Annahme der Sammlung Gurlitt 2014 ist das Kunstmuseum Bern heute Anlaufstelle für die Provenienzforschung.

Max Huggler und Paul Klee

Lange bevor das erste Museum in Bern ein Werk von Paul Klee erwarb, sammelten bereits einzelne Sammler dessen Werke. Noch Mitte der 1930er Jahre war für Max Huggler der Zugang zu Klees Werk zwiespältig. Sein Verständnis für dessen Schaffen wandelte sich jedoch im Lauf der Jahre, so dass er sich bei Amtsantritt im Kunstmuseum Bern zum Ziel setzte, eine wichtige Kollektion in die Sammlung des Kunstmuseums zu integrieren. Allerdings erhielt er für den Ankauf von Klees Werken kaum die nötigen Mittel. Nach dem Tod des Künstlers 1940 realisierte Huggler eine grosse Klee-Ausstellung. Mit mässigem Publikumserfolg.

Rund zehn Jahre nach Max Hugglers Tod wurde das Paul Klee Zentrum 2005 eröffnet. Foto: Florian Arnd, Wikimedia Commons

Noch kurz vor dem Tod von Klees Witwe erwarben zwei Berner Sammler 1946 den Nachlass und gründeten die Klee-Gesellschaft. Bereits damals gab es Pläne, ein eigenes Paul-Klee-Museum zu errichten. Doch vorerst gelangten die Bestände der rund 2600 Werke umfassenden Paul-Klee-Stiftung ins Kunstmuseum Bern. Gemeinsam mit dem Sohn Felix Klee sorgte der Kurator für grosse, auch internationale Ausstellungen.

Max Huggler blieb bis 1965 Leiter des Kunstmuseums Bern. Bis ins hohe Alter hielt er Vorträge und publizierte Artikel. Bereits neben seiner Tätigkeit an der Kunsthalle hielt er regelmässig Vorlesungen und war bis 1973 Professor für Kunstgeschichte an der Uni Bern. Er vermochte seine Hörerinnen und Hörer zu begeistern und bot auch regelmässig Kunstexkursionen an.

Max Huggler im Gespräch mit den Künstlern Giuliano und Gian Pedretti im Kunsthaus Glarus, 1971. Foto: © Kulturarchiv Oberengadin, Zuoz

Huggler lebte hauptsächlich in Bern, doch zog es ihn auch ins Engadin, wo er 1960 oberhalb von Sent ein Maiensäss erwarb und umgebaut als Rückzugsort nutzte. Hier verband ihn eine Freundschaft mit dem Künstler Not Vital. Die letzten Jahre verbrachte er in einem Altersheim in Poschiavo, unternahm aber trotzdem Reisen ins Ausland, wo er 1994 nach einem Schwächeanfall in Berlin verstarb. Beigesetzt wurde er in Sent. Zu Lebzeiten genoss Max Huggler grosses Ansehen, doch heute ist er weitgehend vergessen.

Titelbild: Max Huggler, Ausschnitt aus einem Gemälde von Dora Lautenburg, Sent, 1930. Foto: © Kulturarchiv Oberengadin, Zuoz. Weitere Fotos: Wikimedia Commons

Michael Baumgartner, Max Huggler. Ein Leben für die Kunst. NZZ Libro, Basel 2023. ISBN 978-3-907396-16-2

s.a. Ruth Vuilleumier, Wilhelm Wartmann, der grosse Unbekannte

 

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