«Woher kommst du?» – Je nach Kontext ist diese Frage problematisch. Für die Provenienzforschung ist sie jedoch zentral. Die Sammlungsausstellung 2024 zeigt auf, wie Werke ins Kunstmuseum Luzern gelangen.
Fragen nach der Herkunft eines Kunstwerkes werden ebenso behandelt wie die Erweiterung der Sammlung trotz knapper finanzieller Mittel. Wie kommt es zu Schenkungen? Was ist ein Vorlass und wie ist eine Dauerleihgabe vertraglich geregelt?
Cuno Amiet, Sitzendes Mädchen, 1915, Oel auf Leinwand
Die Bedingungen, zu denen Werke ihren Weg ins Museum finden, sind so vielfältig wie ihre Entstehungsgeschichte. Oft prägen Orte und Umstände ein Kunstwerk: Die Lebensverhältnisse der Künstlerinnen und Künstler, die Architektur des Ausstellungsraums oder ob es sich um eine Auftragsarbeit handelt oder nicht. Die Provenienzforschung untersucht die Besitzverhältnisse eines Werkes und recherchiert die Herkunft von Kunstwerken. Besonders im Fokus stehen dabei Kunstwerke, die jüdischen Familien gehörten und ihnen zur Zeit des Nationalsozialismus entzogen wurden, sei dies durch Enteignung oder einen Verkauf in der Not. Die Ausstellung stellt unter anderem noch nicht vollständig geklärte Fälle aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern vor.
Ferdinand Hodler, Bezauberter Knabe, um 1905, Oel auf Leinwand
Die Ausstellung präsentiert anhand der Begriffe «Ankauf», «Dauerleihgabe», «Heimat», «In Situ», «Leftover», «Provenienz» und «Schenkung» beispielhaft Wege der Kunst in die Sammlung. Ein Raum ist dem Thema «Provenienz» gewidmet. Die Ausstellung stellt unter anderem noch nicht vollständig geklärte Fälle aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern vor. Anhand eines aktuellen Restitutionsgesuchs wird vermittelt, wie ein Museum vorgeht bei der Suche nach einer gerechten und fairen Lösung.
Max Pechstein, 1925, Oel auf Leinwand
Die Werke von Irma Ineichen, Otto Lehman, Rudolf Blättler oder Ugo Rondinone zeigen, wie die Lebenswelt, die Heimat das künstlerische Schaffen beeinflusst. Diese Werke können beispielsweise der «Innerschweizer Innerlichkeit» zugerechnet werden: Unter diesem Begriff wird Anfang der 1970er-Jahre eine Tendenz zur Introvertiertheit in der Zentralschweizer Kunstszene benannt. Diese äussert sich thematisch in einer Darstellung innerer Zustände, Bilder, Stimmungen und Empfindungen. So widerspiegelt Atelier in Paris von Irma Ineichen den Rückzug ins Atelier mit Fokus auf ihre direkte Umgebung. Otto Lehmanns energische Bleistiftzeichnungen verweisen auf seelische Erschütterungen und Spannungen.
Leopold Robert, Zwei Italienerinnen, 1821, Oel auf Leinwand
«In Situ» versammelt Werke, die in Beziehung zu einem Ort entstehen. So fotografiert Jeff Wall Restoration während seiner Ausstellungsvorbereitung im Kunstmuseum Luzern 1993. Der Künstler inszeniert den Restaurierungsbeginn des Bourbaki Panoramas. Rémy Markowitschs Video Exploseum setzt sich mit der Ausstellungsgeschichte des Kunstmuseums Luzern und dem ehemaligen Museumsgebäude auseinander.
Ferdinand Hodler, Die Uhrmacherwerkstatt in Madrid, 1879, Oel auf Leinwand
«Ankauf», «Dauerleihgabe» und «Schenkung» geben Einblick in die Abläufe eines Museums, denn das Sammeln ist eine unserer Hauptaufgaben. Dem Kunstmuseum Luzern steht ein Ankaufsbudget von jährlich CHF 50’000 zur Verfügung. In Anbetracht der schwindelerregenden Preise des Kunstmarktes ist dies ein äusserst bescheidener Betrag. Deshalb ist das Museum auf Unterstützung, Dauerleihgaben und Schenkungen durch öffentliche Hand, Stiftungen, Private oder Künstlerinnen und Künstler angewiesen.
Luciano Castelli, Fliegender Teppich (Ciloum) 1971, Ton, Wolle, Wachs
Ausgestellt sind Werke von Ian Anüll, Ferdinand Baudrexler, Rudolf Blättler, Katinka Bock, Louise-Cathérine Breslau, Luciano Castelli, Lovis Corinth, Maurice de Vlaminck, Raoul Dufy, Roland Duss, Hans Emmenegger, Terry Fox, Anton Henning, Ferdinand Hodler, Hans Holbein d.J., Monika Kiss Horváth, Irma Ineichen, Otto Lehmann, Max Liebermann, Urs Lüthi, Rémy Markowitsch, Aristide Maillol, Kaspar Meglinger, Max Pechstein, Léopold Robert, Ugo Rondinone, Erna Schillig, Leni von Segesser, Paul Signac, Chaïm Soutine, Paul Thek, André Thomkins, Felix Vallotton, Max von Moos, Jeff Wall, Ilse Weber, Rolf Winnewisser und Robert Zünd.
Die Ausstellung, kuratiert von Alexandra Blättler, dauert bis 17. November 2024.
Fotos: Josef Ritler