StartseiteMagazinLebensartZu Besuch bei Rega-Pilot Ueli Soltermann

Zu Besuch bei Rega-Pilot Ueli Soltermann

Als Helisuisse-Mechaniker, Flughelfer und Rega-Pilot hat er in Basel, Zürich und Bern Geschichte geschrieben. Heute lebt Ueli Soltermann (78) im Alters- und Pflegeheim Buchegg in Muri-Gümligen. Anlässlich eines kürzlichen Besuchs erzählte er dem Seniorweb-Redaktor aus seinem Leben.

Ein Esstisch, mehrere Hocker, eine Küchenecke, ein Pflegebett, ein Pult mit Computer und Drucker: Seine kleine Zweizimmerwohnung im 3. Stock der «Villa Buchegg» ist relativ spartanisch eingerichtet. Auf einem Büchergestell thronen mehrere Helikopter-Modelle, an den Wänden hängen Erinnerungsfotos. Man spürt: Da lebt ein Mensch, der seinen Beruf aus Berufung und mit Leidenschaft betrieb.

Ueli Soltermann ist stolz auf seine lange Karriere am Boden und in der Luft.  Während insgesamt dreissig Jahren flog er 5477 Patientinnen und Patienten in Spitäler. 73 Flugschüler, darunter mehrere prominente Bernerinnen und Berner, lernten bei ihm das Heli-Fliegen. Einmal durfte er Henry Kissinger, einmal den spanischen König Juan Carlos, 1984 Papst Johannes Paul II. durch die Lüfte transportieren. «Menschen zu helfen, gab mir immer Lebenssinn,» sagt «Üelu», wie ihn Freunde nennen.

Vom Töffli- zum Heli-Mechaniker

Geboren ist Soltermann 1946 im bern-jurassischen Tavannes, aufgewachsen in Truebschachen, zusammen mit fünf Geschwistern. Die Mutter war Barrierenwärterin, der Vater machte sich bei Bauern als Küfer nützlich. Gerne wäre «Üelu» Tierarzt geworden, doch das Geld reichte nicht einmal für die Sekundarschule, geschweige denn für ein Studium. So bezahlte sein Vater einem Bekannten 60 Franken Lehrgeld, und Sohn Ueli konnte eine Lehre als Velo- und Töfflimechaniker machen.

Soltermann, ca. 30jährig, auf dem Flugplatz Belpmoos. Foto: zVg.

Bei der Daetwyler Swiss Tec AG in Bleichenbach liess er sich anschliessend zum Plan- und Rundschleifer ausbilden. Weil ihn das Fliegen reizte, ging er als Mechaniker zur Schweizerische Helikopter AG  (Heliswiss) aufs Belpmoos. Dort flickte und unterhielt er Helikopter. Die Heliswiss mit Sitz in Bern-Belp existiert übrigens noch immer und ist 1983 in den Besitz der Swiss Helicopter Group übergegangen. Von Bern wechselte Ueli auf die Rega-Basis nach Basel, wo er als Mechaniker bei Einsätzen mitfliegen durfte. 23-Jährig ging er dann nach Grönland und erlebte – zwischen Polarfüchsen und Eisbären – so manches Abenteuer.

Kinderspital Zürich

Zurück in der Schweiz, machte er das Pilotenbrevet und legte die Prüfung als Fluglehrer ab. Ab 1970 setzte ihn die Rega als Heli-Pilot rund um das Kinderspital Zürich ein. In dieser Funktion flog er zwei Jahre lang Neugeborene vom Kinderspital in umliegende Regionalspitäler und zurück. 1972 eröffnete die Rega ihre Basis in Bern-Belpmoos. Soltermann kam als Allrounder nach Bern. Hier betätigte er sich als Mechaniker, Flugbegleiter und Rega-Pilot. Ausserdem hielt er landauf – landab Vorträge und weibelte rund um die Uhr für seinen Arbeitgeber. «Ueli kannte jeder. Er hat noch heute einen legendären Ruf», weiss ein Ex-Kollege zu berichten.

Traumberuf Heli-Pilot: Ueli Soltermann (2. von rechts) mit Kollegen während einer Ausbildung im Gebirge. Foto zVg

Zu Beginn bestand die Basis Bern-Belpmoos lediglich aus einer Baracke; der Rettungshelikopter, ein Bell 206 Jet Ranger, stand im Freien. Dieser wurde schon bald durch eine Bölkow BO 105 CBS ersetzt. Sie bot mehr Platz und war mit ihren zwei Triebwerken der erste zweimotorige Helikopter der Rega. Von 1983 an war zusätzlich eine Alouette III als Reservemaschine für die Westschweiz auf der Basis Bern untergebracht und wurde vor allem für Windenrettungen eingesetzt.

Spektakuläre Zwischenfälle

Trotz gutem Material blieb der Flug-Pionier von spektakulären Zwischenfällen nicht verschont. Im Juli 1987 war er mit seinem Rega-Heli vom Typ BO 105 für einen Suchflug am Napf unterwegs. Da die Mission länger als geplant dauerte, drohte dem Piloten der Treibstoff auszugehen. Kurzerhand landete Sollberger seine Maschine vor einer Migrol-Tankstelle. Umgehend wurde der Heli vom verdutzten Tankwart betankt.

Ob sich die ungewöhnliche Landung im Emmental oder im Schwarzenburgerland ereignete, konnte «Üelu» bis vor kurzem nicht mehr sagen. Kurz entschlossen startete der Seniorweb-Redaktor auf Facebook einen Aufruf und siehe da: Aufmerksame Leser aus dem Entlebuch posteten einen bebilderten Zeitungsartikel, der belegt, dass sich die rettende Tankstelle in Wolhusen befand.

Historisches Foto: Soltermanns Boxenstopp infolge Treibstoffmangel am 10. Juli 1978 in Wolhusen. Foto: A. Hofstetter.

Ein weiteres, dramatisches Ereignis bleibt unvergessen: Am 1. Juni 1988 nahm Soltermann zusammen mit einem Kollegen an einer grossangelegten kombinierten Rettungsübung der Ordnungsdienste Biel teil. Ungefähr um 20 Uhr geriet sein Rega-Heli infolge eines technischen Defekts über dem Passagierschiff «Stadt Biel» ins Trudeln. Geistesgegenwärtig zog Ueli den Heli weg vom Schiff und setzte ihn auf die Wasseroberfläche. Innert kurzer Zeit versank das rot-weisse Fluggerät im Bielersee.

«Handelte umsichtig und absolut richtig»

Der Pilot und sein Co-Pilot, der sich bei dem Unfall die Schulter ausrenkte, konnten gerettet werden. Weitere Personen kamen keine zu Schaden, aber die «Alouette III» erlitt Totalschaden und musste am folgenden Tag von der Feuerwehr aus 60 Metern Tiefe geborgen werden. «Mit seiner Reflexbewegung handelte Pilot Soltermann absolut richtig und verhinderte weiteren Schaden am Schiff», hiess es in einem Zeitungsbericht.

Von diesen und anderen schönen Erinnerungen zehrt der Pensionär im Alter. Doch das Leben bietet nicht nur Sonnseiten. Heute weiss Soltermann, dass seine Flug-Leidenschaft ihn auffrass und er die Familie (Frau und drei Töchter) während Jahren vernachlässigte. Es kam zur Scheidung, eine für den 78-Jährigen noch heute schmerzhafte Erfahrung. «Es tut mir unendlich leid, dass ich mich nicht mehr um meine Familie gekümmert habe», gesteht er dem Besucher mit Tränen in den Augen. Leider wiederholte sich die bittere Erfahrung: Eine zweite Ehe ging aus denselben Gründen in Brüche.

Nach Alaska und dann in die Pension

Im Alter von 55 Jahren verliess Soltermann 2001 die Rega und ging nach Alaska. Dort bildete er als freier Unternehmer «State Trooper» im Fliegen und im Unterhalt von Helis aus. Auch diesen Lebensabschnitt, möchte der Pensionär nicht missen.

In der Stiftung Buchegg in Gümligen verbringt Soltermann seinen Lebensabend. Foto zVg

Heute ist der 78-Jährige gesundheitlich angeschlagen. Beckenschmerzen plagen ihn, dank einem Herzschrittmacher und Bypässen kann das Herz seine Funktion glücklicherweise noch erfüllen. Nach einem Hirnschlag ist Soltermann halbseitig gelähmt und auf einen Elektro-Rollstuhl angewiesen. Doch weder die Lebensfreude noch den Lebensmut haben ihn verlassen. Diszipliniert bereitet er sich dieser Tage am Computer auf die Funkerprüfung HB-9 vor. Gerne empfängt er im Pflegeheim Besucher, am liebsten alte Kollegen aus der Aktivzeit.

Ueli Soltermann heute, am Computer in seiner kleinen Alterswohnung im Pflegeheim Buchegg. Foto: PS

Für das Pflegeheim Buchegg ist er des Lobes voll: «Die Pflegenden sind alle sehr lieb mit mir und haben viel Verständnis, besonders die ausländischen Angestellten, die in der Schweiz kein einfaches Leben haben», betont Soltermann dankbar. Sobald der Frühling endlich Einzug hält, möchte er wieder die eine oder andere Ausfahrt durch das schöne Bernerland machen. Oder mit dem Seniorweb-Redaktor in der Cafeteria des Heims eine Cola trinken.

Titelbild: Persönliche Begrüssung auf dem Belpmoos: 1984 durfte Ueli Soltermann (links) Papst Johannes Paul II. anlässlich dessen Besuch in der Schweiz herumfliegen. Foto zVg.

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