Erleben Sie auch, dass es in Ihnen unablässig denkt? Milliarden von Neuronen und Synapsen sind in steter Bewegung, sogar noch im Traum. Ich habe versucht, diese daran zu gewöhnen, dass sie mir mindestens acht Stunden Schlaf gönnen. Leider tun sie es nicht. Sie sind nicht beherrschbar und beim Denken sind sie recht kühn. Ein Vorwurf, eine Beleidigung oder ein liebliches Lächeln kann genügen, dass die Neuronen mir keine Ruhe lassen. Da fängt ein Gedankentanz an, lässt mich nicht einschlafen und morgens früh, wenn ich die Glocken von der nahen Kirche höre, fahren sie mit dem Reigen weiter. Einfach gesagt, es ist eine Art Geschehen, wie das Leben selbst, das man nicht im Griff hat.
Mit dem ersten Wirbel des Erwachens meldet sich dieses Denken wieder und spiegelt Gedanken vor, die als Tagesreste – wie Freud sagen würde – noch aufgearbeitet werden müssen. Mir war ein falsches Wort aus dem übereifrigen Mund gesprungen, welches nicht gut angekommen war. Aber es war nun einmal gefallen und das Denken versuchte es zurückzunehmen. Da fiel mir eine Szene ein, bei welcher ich bei einer Freundin im Garten sass und die Katze des Hauses herumschlich. Ein Schmetterling gaukelte über ihre Schnauze und sie sprang erregt hoch und versuchte den zickzackenden Sommervogel zu erlangen, was nicht gelang. So scheint mir, ist es oft auch mit dem Denken. Es springt nach einer Sache und greift daneben. Illusionen gehen durch den Kopf, die kaum gedacht, schon wieder von einer Sorge verdrängt werden. So ist dieses Denken eine Art innere Katze oder Suchmaschine.
Beim «Es denkt in mir» handelt es sich um ein Phänomen der Wahrnehmungspsychologie und es kehrt das Ich-Denken um. Der Mensch sieht sich als Macher. Aber die wichtigsten Dinge des Lebens geschehen. Wir kommen nicht selbst auf die Welt. Wir werden geboren und selbst das Sterben ist ein Geschehen. Wir brauchen nicht am Anfang und am Ende des Lebens anzuknüpfen, wir entdecken es schon beim Denken. Wer sich nicht für Einfälle offen hält, glaubt was er denke, stamme von ihm und glaubt, neigt leicht dazu zu vergessen, wie abhängig er vom Gedachten ist. Da ist die Sprache. Sie ist nicht seine Erfindung. Sie dient ihm, damit er reden und sich ausdrücken kann.
Wahrnehmen ist ein Geschehen. Das Auge nimmt nur wahr, was es sieht und wie es von Dingen beeindruckt wird. Wenn der Mainstream über den Menschen hinwegrauscht, rauscht er auch mit. Es denkt dann plötzlich in ihm, so wie im Aussen gedacht wird. Nur schöpferische und reflektierende Menschen können durch Kombinieren Neues und Anderes denken als das Übliche. Ohne Herkunft ist keine Zukunft (Odo Marquart). Und Zukunft gibt es, weil wir auf bereits Gedachtes zurückgreifen können. Menschen können so viele Selfies schiessen, wie sie wollen. Sie sind viel weniger toll, als sie sich vorstellen und sich zur Geltung zu bringen möchten. Sie sehen sich gern in den Kulissen einer flirrenden Welt. Manchmal, wenn ich sie reden höre, klingt es wie ein Geschehen: Es redet aus ihnen. Es ist nicht zu stoppen, also lassen wir es weiterdenken.
Lieber Andreas, vielen Dank für diese Anregung. Große Gedanken kommen aus dem Herzen (Vauvenargues) und lästige Gedanken sind wie zudringliche Stechmücken(Wilhelm Busch). Um besser zu schlafen, habe ich unter dem Kopfkissen Kopierpapier. So werden aus 4 Stunden Schlaf acht Stunden…1971 schrieb ich einmal nachts: Niemals Zank, nur konstruktiven Streit-bedenkt-wir besitzen zum Leben und zum Lieben-nur eine Sternschnuppenzeit! In diesem Sinne weiterhin kluge Gedanken von Ihnen…Ein ehem. Berg-u. Parteiarbeiter aus Zwickau, Mitglied der Seniorenvertretung (Geschichtswerkstatt )-Frohes Schaffen und ein herzliches Glück auf!