«Die Juso zwingen mich, auszuwandern.» So zitierte die SonntagsZeitung vom 7. Juli 2024 Peter Spuhler. Er präsidiert den Verwaltungsrat der Stadler Rail AG.
1987 trat Spuhler in die Stadler Fahrzeuge AG ein, die Irene Stadler-Müller leitete. Mit ihrer Nichte verheiratet, übernahm er 1989 das Unternehmen. Auf 4,3 Milliarden Franken schätzt die Bilanz vom Dezember 2023 sein heutiges Vermögen.
Die JuSo wollen nun mit einer Initiative (2024) Erbschaften ab 50 Millionen Franken zu 50 Prozent besteuern. Die Einnahmen sollen dazu dienen, Umweltschäden zu beheben.
In der Schweiz werden bald hundert Milliarden Franken pro Jahr vererbt. Mit steigender Tendenz, jährlich vier Prozent. Jeder zweite Vermögensfranken ist vererbt. Die Erbschaften haben sich in den letzten fünfzehn Jahren fast verdoppelt, schreibt die NZZ am Sonntag vom 7. Juli 2024 und bezieht sich dabei auf Marius Brülhart von der Uni Lausanne.
In einer Studie wertet Brülhart auch die Erbschaften im Kanton Bern von 2002 bis 2020 aus. Drei Viertel der Erben erhalten pro Erbgang keine 100‘000 Franken. Über die Hälfte aller Fälle liegen unter 50‘000 Franken, 1,5 Prozent über einer Million und 0,15 Prozent über 5 Millionen.
Schweizweit sind die Gegensätze noch krasser, da andere Kantone mehr reiche Haushalte aufweisen. In Zürich haben sie durchschnittlich 1,57-mal so viel Vermögen, in Nidwalden viermal so viel, gemessen an der Bevölkerungszahl. Wobei die versteuerten Werte die Liegenschaften nur zu 60 bis 80 Prozent des Marktwerts erfassen.
Rund 5,5 Millionen private Steuerpflichtige haben in der Schweiz ein Reinvermögen von 2‘300 Milliarden Franken. Ein Prozent besitzen fast die Hälfte und zehn Prozent über drei Viertel. Rund ein Viertel der privaten Steuerpflichtigen verfügen indes über kein steuerbares Nettovermögen und gut die Hälfte besitzt höchstens 50‘000 Franken. Das geht aus der Gesamtschweizerischen Vermögensstatistik der natürlichen Personen 2020 hervor.
Bei den Erbschaften ist die Diskrepanz leicht geringer. Ein Prozent kommen auf 30 Prozent der gesamten Erbsummen, 10 Prozent auf 63 Prozent und 90 Prozent auf etwa einen Drittel. Da Vermögende ihre Erbschaften jedoch rentabler investieren, nehmen mit den geerbten Vermögen längerfristig auch soziale Ungleichheiten und Spannungen weiter zu. Umso dringlicher ist ein sozialer Ausgleich über eine gerechtere Besteuerung der Erbschaften.
In den letzten Jahrzehnten haben allerdings die meisten Kantone die Steuern für Erbschaften gesenkt oder sogar abgeschafft. Zudem verwarfen im Jahr 2015 an der Urne 71 Prozent der Abstimmenden eine moderate nationale Erbschaftssteuer. Und etliche Privilegierte reagieren derzeit recht harsch auf die JuSo-Initiative. «Da werden Albtraumszenarien heraufbeschworen», stellt die NZZ vom gleichen 7. Juli nüchtern fest.
Einzelne Reiche drohen seither damit, die Schweiz zu verlassen, um eine Erbschaftssteuer zu umgehen, die sie gar nicht berappen müssen. Sie weisen ferner auf Arbeitsplätze hin, die sie angeblich selbst kreierten und auf Steuern für Gewinne und Vermögen, die keine Erben bezahlen müssen. Da spielt viel Desinformation mit.
Nun, Unternehmen an anonyme Geldgetriebene zu «verscherbeln», ist gewiss zu vermeiden. Mehr regionale Teilhabe fördert indes eine soziale Verantwortung. Sie entmystifiziert auch eine oft brüchige familiäre Tradition, die sich über Herkunft, Erbschaften und verwandtschaftliche Bande definiert. Der feudale Nachwuchsschutz unterläuft jedenfalls das sonst gerne gepriesene Leistungsprinzip, statt Verantwortung qualifizierter abzustützen und einseitige Abhängigkeiten zu vermindern.
Aber wenige Reiche bezahlen doch viel Steuern, lautet ein Einwand. Wenn sich Vermögen jedoch breiter verteilen, bleibt das Steuervolumen erhalten. Und dann partizipieren Tausende umso motivierter mit, Produktivitätsgewinne zu sozialisieren.
Viele Unternehmer/innen sind gewiss klug und fleissig. Sie profitieren aber vor allem von «Arbeitnehmenden», die eigentlich Arbeit-Gebende sind und so privatisierte Gewinne ermöglichen. Die JuSo wollen solch paternalistische Hierarchien überwinden und unsere Gesellschaft weiter demokratisieren.
Titelbild: Porträt Ueli Mäder, Foto © Christian Jaeggi
Am Donnerstag, 26. September 2024 diskutiert Ueli Mäder von 19.00-20.30 im Kultur-Bistro Cheesmeyer beim Bahnhof Sissach darüber, wie freiheitlich der digitale Kapitalismus ist. Gäste sind Oliver Nachtwey (Soziologe) und Rachel Huber (Historikerin).
Ein bisschen sehr verworren Ihre Darstellung der Reichsten in der Schweiz. Tatsache ist, dass wie reicher desto weniger Steuern. Wenn man berücksichtigt, dass die Reichsten in der Schweiz kaum etwas für die soziale Gemeinschaft und unsere Demokratie leisten, wäre eine angemessene Erbschaftssteuer nur gerecht. Diese reichen Erben haben für dieses angehäufte Vermögen nichts geleistert und weil dieses Vermögen immer weiter vererbt wird, beeinflusst dieses Ungleichgewicht langfristig unsere auf Stabilität und Gerechtigkeit basierende Demokratie.
Nach meiner Meinung verpflichtet Reichtum zu Verantwortung und Unterstützung unserer Demokratie und ihren gültigen Werten. Man kann nicht in einer sicheren und menschenachtenden Gesellschaft leben, und als finanziell Privilegierte nichts dafür tun.
Ziemluch unerträglich, was die linke Bazille Mäder da schreibt. Die Juso-Initiative ist de facto eine Halbenteignung derer, die es betrifft, die bei solchen Vermögen zuvor schon jedes Jahr gewaltige Vermögenssteuern bezahlt haben.
Es ist absolut unverständlich, dass diese grob verfassungswidrige Initiative nicht schon längst in Gänze für ungültig erklärt wurde.
Herr Lebsanft, was für ein toller Nachname! Sie werden diesem jedoch nicht gerecht und schmeissen lieber mit Beleidigungen um sich. «Linke Bazillen» passen eher in die Meinungsblasen der sozialen Medien im Internet, als auf Seniorweb.
«Je ne puis rien nommer, si ce n’est par son nom ; J’appelle un chat un chat, et Rollet un fripon.» (Nicolas Boileau, Satires, 1666)
Herr Lebsanft, eigentlich hätten wir von Seniorweb Ihren Kommentar entfernen müssen. Jetzt ist es zu spät. Ihre Wortwahl, linke Bazille, ist unerträglich. Bitte betrachten Sie sich von dieser Diskussion als ausgeschlossen.
Schon ein schräges Weltbild! Denken wir an die Roche Erben (FCB => Volksunterhaltung, Filmfestival Locarno => Kultur), Blocher (Ems mit 400 Azubis => Zukunft) denke, machen diese sog. Superreichen nicht nichts!
Sie haben recht Herr Kohler, die Superreichen in der Schweiz tun nicht nichts für die Gesellschaft. Doch bleiben wir bei den Fakten: Dadurch dass jedes Jahr Milliarden Vermögen in der Schweiz ohne Gegenleistung unter den Reichsten vererbt und vom Staat nicht besteuert wird, nimmt das Ungleichgewicht zwischen der stark besteuerten Mehrheit von Lohnabhängigen in diesem Land und der privilegierten Oberschicht stetig zu. Es geht ja nicht nur um die Mehrung verschenkten Reichtums, es geht auch um Macht und Einflussnahme, der nach meinem Dafürhalten im herrschenden System immer gewichtiger wird und unsere demokratischen Strukturen und Werte langfristig zu unterwandern droht.
Eine angemessene Erbschaftssteuer würde deshalb nicht nur unsere demokratischen Anliegen für etwas mehr Ausgewogenheit und Gerechtigkeit unterstützen, es wäre zudem ein Zeichen der Vermögendsten, dass sie dankbar sind auch in unsicheren Zeiten in einem friedlichen und funktionierenden Land wie der Schweiz leben zu dürfen, obwohl das ganz und gar nicht mehr selbstverständlich ist.
Bei einer Erbschaftssteuer geht es doch nicht darum, diejenigen zu schröpfen, die Reichtum erarbeitet haben. Besteuert wird das Erbe. Die Erben sollen also nicht den ganzen Reichtum einfach übernehmen können, für dessen Erarbeitung sie nichts geleistet haben. Was an dieser Idee verfassungswidrig sein soll ist für mich nicht nachvollziehbar. – Was sicher geregelt werden müsste: Wenn das Erbe primär in einem Unternehmen investiert ist, so soll die Steuer nicht zur Zerschlagung des Unternehmens führen. Allerdings gilt es zu bedenken, dass dies bei mehreren Erben auch ohne Erbschaftssteuer passieren kann.
Es ist letztlich Gier und Missgunst der Linken, die ihre hehren Anliegen nach mehr «Gerechtigkeit», «Ausgewogenheit» oder letztlich «Umverteilung» nur schlecht kaschieren können. Im Uebrigen werden Erbschaften wie z.B. Vermächtnisse durchaus besteuert, wie auch sämtliche Erbschaften nach erfolgtem Erbgang als Vermögen jährlich besteuert werden.
Warum Sie nur immer ein linkes Feindbild benötigen, um Ihre Meinung zu rechtfertigen? Nur als Randbemerkung, ich vermute mal, dass Sie Herr Hübscher zu den Wohlhabenden in unserem Land gehören. Es ist weder die Gier noch die Missgunst von sozialdemokratisch Denkenden, die schon seit Jahren eine einheitliche Erbschaftssteuer fordern, weil sich das Vermögen der Reichen unverhältnismässig zu ihren Gunsten vermehrt.
Fakt ist, dass auf Bundesebene keine Erbschaftssteuer erhoben wird und dass die Kantone nach eigenem Gutdünken Erbschaftssteuern erheben können oder nicht. Fakt ist auch, dass in der Regel nahe Verwandte, die erben, keine Steuern bezahlen müssen und sich ins gemachte Nest setzen und von den Reichen vorbehaltenen Privilegien profitieren.
https://www.estv2.admin.ch/stp/ds/d-erbschaft-schenkung-de.pdf