Den eigenen Garten gestalten heisst heutzutage oft, Bäume und Sträucher auch nachts mit einem effektvollen Licht zu inszenieren. Und für die Sicherheit auf dem Gartenweg bis zur Haustüre muss auch nachts gesorgt sein.
Die Jahreszeit der Lichterketten und Leuchtfiguren ist vorbei und die Nächte werden kürzer. Die Natur erwacht mit Schneeglöckchen und Krokussen. Frühmorgens singen Amsel, Meise und Buchfink ihren Reviergesang und uns fliegen Gartenprospekte in die Briefkästen. Nebst neuen Möbeln oder Hochbeeten und Zäunen bieten die Händler Gartenlichter und Wegbeleuchtungen an.
Ein Stapel Prospekte mit Dekorationslicht für den Garten
Während das Licht bis zum Hauseingang der Sicherheit dienen soll, freuen sich viele Gartenbesitzer an einer effektvollen Dekoration ihrer Bäume und Blumenbeete auch des nachts. Gartenbaufirmen preisen sich als Installateure von «grossartigen Lichtspielen» oder schwärmen über die «tolle Möglichkeit der Lichtarchitektur» beim Beleuchten von Baumkronen und könnten im Schnee «Lichtspiele» erzeugen.
Mitten in der Nacht erhellt ein durch Bewegungsmelder – wovon aktiviert? – nebst der Hausfront die halbe Nachbarschaft.
Wenigstens finden sich bei den Profis irgendwo zwischen all den Anpreisungen diskret Hinweise, dass «der Umwelt zuliebe» warmes Licht eingesetzt werden soll. In den Lampen aus dem Baumarkt indessen sind meist billige kaltweisse LED-Leuchtmittel verbaut, welche häufig auch nach oben abstrahlen. Wenn es sich um Solarleuchten handelt, müssen sie nach kurzer Lebensdauer als Elektroschrott entsorgt werden.
Die Natur- und Umweltschutzinstitutionen weisen immer dringlicher auf den Zusammenhang zwischen nächtlichem Kunstlicht und dem Rückgang der Biodiversität hin. Zugvögel können über riesige Entfernungen ihre Ziele finden. Sie nutzen das Magnetfeld der Erde als Kompass und orientieren sich in der Nacht an den Sternen. Aber in jüngster Zeit stören Lichter die nächtliche Navigation der Tiere.
Nachtfalter umschwärmen Kunstlicht, welches zur Todesfalle werden kann. Foto: © Pro Earth
Lichtverschmutzung ist für Tiere und Pflanzen «der helle Wahnsinn», wie Pro Earth schreibt. Zudem ist nun erwiesen, dass das Fortpflanzungs- und Brutverhalten von Singvögeln in hell erleuchteten Gegenden gestört ist. Die Vögel brüten früher, was problematisch sein kann, weil das Nahrungsangebot knapper und das Wetter oft schlechter ist, das verringert den Bruterfolg.
Schön, aber nicht umweltfreundlich, das Licht vom Boden in die kahlen Äste und dann gen Himmel.
Es wurde zudem nachgewiesen, dass Bäume, die nachts Kunstlicht ausgesetzt sind, früher Blätter bilden und das Laub später verlieren, das bedeutet einen höheren Energiebedarf und Stress. Wiesenblumen bilden bei nächtlicher Beleuchtung weniger Blüten aus und entwickeln daher weniger Samen, was wiederum den Insekten schadet. Nicht nur nachtaktive Bestäuber werden durch Kunstlicht massiv gestört. Auch Tagfalter und tagaktive Insekten leiden unter dem Kunstlicht. Lichtquellen sind für Fluginsekten regelrechte Todesfallen. Das vermindert die Bestäubungsleistung und entzieht den Vögeln Nahrung.
Im Boden eingelassene Lichter am Wegrand blenden die Fussgänger und strahlen zum Himmel. Foto: © Ph. Heck (Dark Sky)
Massnahmen gegen Lärmbelästigung sind seit Jahren geregelt, aber wie steht es mit Störungen durch zu helles und zu viel Licht? Was nötig ist für die einen, beeinträchtigt die anderen, denen mitunter zu helle Scheinwerfer oder Lichter in Hauseingängen oder Garageneinfahrten ins Schlafzimmer zünden. Auch dann, wenn kein Mensch unterwegs ist und die öffentliche Strassenbeleuchtung für ein paar Stunden ausgeschaltet ist. Da kann man was tun, auch wenn vorerst kein explizites Gesetz die Lichtorgien einschränkt.
Nur ein kleiner Teil des Lichts fällt auf den Weg. Kugellampen könnten mit dunklen Folien-Halbkugeln oben abgeschirmt werden. Foto: pexels (Roman Odintsov)
Das Bundesamt für Umwelt Bafu hat den kommunalen Baubehörden Vollzugshilfen zur Verfügung gestellt. Wir fragen in Zollikon nach, einer Agglomerationsgemeinde mit vielen Privatgärten. Bei der Genehmigung von Neubauten werden nicht nur Grenzabstände, Ausnutzungsziffern undsoweiter beurteilt, es geht auch um die Umgebungsgestaltung und um die Beleuchtung. Baubehörden in den Gemeinden achten heute darauf, dass Aussenlicht sparsam eingesetzt wird.
Wir spazieren durch einige Zolliker Quartiere und sehen helle Kugellampen, welche die Hauswand bis zum Dach beleuchten, oder Wegpoller, die seitlich und nach oben strahlen, also eher blenden als den Fussweg erhellen und runde Scheiben an Hauswänden, die den Wald gegenüber beleuchten. Ausserdem weiss man aus Untersuchungen, dass mehr Licht keineswegs mehr Sicherheit bedeutet.
Gelb leuchtend und beliebt bei nachtaktiven Insekten: die Nachtkerze. Foto: Franz van Duns, Wikimedia
Immerhin kann sich jemand, der durch Nachbars Lichter gestört wird, bei seiner Gemeinde beschweren. Dann wird der Tatbestand mit einem Augenschein überprüft und notfalls eine Massnahme, beispielsweise das Dimmen einer zu hellen Reklametafel, angeordnet. Grundlage ist das Umweltschutzgesetz.
Eine solche Einzelmassnahme ist jedoch nicht einmal der berühmte Tropfen auf dem heissen Stein, wenn wir die Lichtverschmutzung insgesamt betrachten. Satelliten-Bilder zeigen, dass die Erde immer heller wird, obwohl dieses viele Licht für sämtliche Organismen, also Pflanzen, Tiere und auch Menschen schädlich ist. Zwischenfrage: Wo ist die Milchstrasse geblieben? Die Lichtverschmutzung nimmt weltweit jedes Jahr um zwei bis sechs Prozent zu, wahrscheinlich rascher als jede andere Form von Umweltverschmutzung, wie es in einer Publikation des Bafu heisst.
Die Milchstrasse, so wie sie unsere Grosseltern in klaren Nächten hierzulande betrachten konnten. Foto: © Patrick Oberlin
Dark Sky und Biodiversität sind wichtige Begriffe, wenn es um die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen geht. Zwar können wir als Einzelne weder die Lichterflut über Ballungszentren, verringern, noch können wir die Intensivlandwirtschaft verändern. Aber sofern wir über einen Garten verfügen, können wir genau dort einen Beitrag leisten. Der Garten ist mehr als ein Stück Natur ums Haus, er ist auch ein Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Da der Mensch auf Kontraste reagiert, reicht im allgemeinen sehr wenig Lichtstärke, um die Haustüre und das Schlüsselloch zu finden (ausserdem haben fast alle mit dem Handy immer eine Taschenlampe dabei).
Diese Weglampen leuchten genau da hin wo sie sollen, nämlich auf den Plattenweg zum Hauseingang.
Die Dekoration im Garten sollte nie direkt und nie gegen den Himmel zünden, also weder Spots noch Kugellampen, so es denn eine braucht. Wenig Lichtstärke (Lumen) und eine Zeitschaltuhr machen auch eine Lichtdeko ein bisschen umweltfreundlicher. Oder ist das nächtliche Kunstlicht etwa eine Art Reviergesang?
«Auch in einem Garten kann man das Ökosystem durcheinanderbringen,» warnt der Geschäftsführer von Dark Sky Switzerland Lukas Schuler; Brutvögel werden vertrieben und Insekten massiv gestört. Dabei wäre es so einfach, den Trend umzukehren: «Macht einfach das Licht aus!», sagt der Insektenspezialist René Amstutz von Pro Natura.
Diese und weitere Webseiten geben nützliche Hinweise, wie wir nachts Sicherheit und Schönheit rund ums Haus umweltfreundlich einsetzen können.
Titelbild: Zürich by Night wird jedes Jahr heller. Foto: © Ph. Heck (Dark Sky)
Fotos: ec
Links:
Bundesamt für Umwelt Bafu
Stadt Zürich – Plan lumière
Pro Natura
Vogelwarte
Pro Earth
und ein Beitrag auf Seniorweb:
So entstand die Strassenbeleuchtung
Leider lesen diese Zeilen die falschen Leute: nämlich Menschen, die sich schon lange mit der Lichtverschmutzung befassen. Gärtnerinnen und Hausbesitzer, die ungeeignete Beleuchtungskörper besitzen kümmert es kaum, weil sie die Zusammenhänge nicht erkennen.
Der einzige, erfolgversprechende Weg kann nur über die Bauordnung erfolgen!