Das kennt jede journalistisch oder schriftstellerisch tätige Person: Es gibt Tage oder Stunden, da hangelt man sich von einem Satz zum andern, aber so richtig zufrieden ist man nicht. Wo sind die brillanten Ideen, die geschliffenen Formulierungen, die witzigen Einschübe nur geblieben?
Ja, und dann kommen halt solche Texte zustande, wo Wörter hart an den Begriffen vorbeischrammen, die eigentlich richtig wären. «Er ist rückschrittlich» ist so ein Beispiel. Steht zwar auch so im Duden, ist meiner Meinung nach aber trotzdem unkorrekt. Wer nicht dem Fortschritt anhängt, nicht fortschrittlich ist, der ist rückständig, also in der Vergangenheit stehen geblieben. Rückschrittlich würde ja heissen, da geht einer so lange rückwärts, bis er wieder in der Gegenwart angekommen ist – dann, wenn er die ganze Welt umrundet hat.
«Der Aufstieg in die höhere Liga blieb ihm vergönnt», ist wie ein Slalomschwung auf die falsche Seite. Vergönnen ist positiv besetzt: Ihm war ein langes Leben vergönnt oder ihr war es vergönnt, von der Literaturkritik hoch gelobt zu werden. In den Schweizer Dialekten allerdings wird der Begriff negativ verwendet: Man vergönnt ihr das Glück, ihm den Erfolg. Der nächste Satz der Sportbeichterstattung allerdings ist ganz einfach falsch: «Er konnte sich für den neuen Club aufdrängen» – und trotz seiner Drängelei haben sie ihn genommen, möchte man anfügen. Er konnte überzeugen, ginge auch.
Vom Sport zur Kunst: «Der Salon ist überschaubar, aber erhaben», steht in einem Text über eine kleine Galerie in einem kleinen Ort. Erhaben, das muss etwas mit Adel, blauem Blut, Macht oder Religion zu tun haben – oder mit einem Anfänger im Journalismus, der noch mit den Begriffen ringt.
Auch wenn in der bildenden Kunst Improvisation, Fantasie und Variantenreichtum gefragt sind, sind der Sprache doch Grenzen gesetzt. Nicht jedes Adjektiv aus der Wühlkiste passt zu jeder Aussage. Und Euphorie ist bei einer Berichterstattung meist fehl am Platz: «Während die märchenhaften, beinahe unwirklichen Werke aus Stoff zum Bestaunen und zur Reflexion einladen, ist die Künstlerin während der Öffnungszeiten immer vor Ort.» Na prost, viel mehr Lob geht ja kaum mehr. Und was das «Während» in Bezug auf die Künstlerin soll, gehört wahrscheinlich zum Unerklärlichen dieser Lobeshymne.
Werden wir wieder real: «Der Wolf ist nachtaktiv, vor allem nach Einbruch der Dunkelheit». Wer hätte das gedacht?