StartseiteMagazinKolumnenJetzt kommen mal die Verben dran!

Jetzt kommen mal die Verben dran!

Verben sind die Schrittmacher eines Textes. Sie geben einem Bericht Farbe und Spannung. Der Künstler malt, das ist eine langweilige Aussage. Wenn er aber mit einigen Pinselstrichen eine Figur auf die Leinwand zaubert, deren Konturen akzentuiert und so einfärbt, dass sie zu brennen scheint, entsteht ein Bild – nur schon beim Lesen des Textes.

Manchmal ein etwas komisches: «Ihre riesigen Blätter, die sich wie Gummi angreifen … « lässt weniger darauf schliessen, dass da eine Pflanze irgendwie angegriffen wird oder selber einen «gummigen» Überfall plant. Da gibt es nur einen Täter: Der Schreibende hat ein Verb gewählt, das ihm auf die Schnelle in den Sinn gekommen ist und leider so gar nicht passt. Aber angreifen heisst ja fast anfühlen – versteht doch jeder.

Wer weiss, wie hektisch es auf einer Redaktion zugehen kann – und dass Korrektorate heute kaum mehr existieren – verzeiht folgenden Satz, den mir mein treuer Leser und Sprachsünden-Lieferant Thomas zugesandt hat: «Am Morgen gelang erstmals direktes Abbruchmaterial in die Lonza … .» Da ging einfach ein klitzekleines «…te» unter. Kann vorkommen, wenn sich die Ereignisse überschlagen.

Dass das Wetter auch Beine hat, erstaunt hingegen: «Nach einer Woche mit Regen, Sonne und sogar Schnee, steht das Wetter dem Fest nun nicht mehr im Wege.» Ja, soll mal Platz machen, zumal es wahrscheinlich noch in Gummistiefeln steckt, das Wetter.

Verben können aber auch allzu malerisch daherkommen. «Ein Besuchergrüppchen tigert durch das Festgelände und pirscht sich dann Richtung Zelt. Dort wuseln die Frauen, die für den Service tätig sind, herum.» Da wurde sprachlich gewaltig dick aufgetragen. Ob die tigernden Gäste wohl Plüschtiger oder wenigstens Katzen bei sich hatten? Und wie sie sich Richtung Zelt pirschen, tief gebückt und nach allen Seiten sichernd, das müsste mit einem Bild dokumentiert werden. Und die wuselnden Frauen! Regenwürmer im Wurmkomposter wuseln durcheinander, ein Wurf junger Hunde wohl auch, aber das Servierpersonal? Also bitte!

Manchmal werden Verben so falsch verwendet, dass die Lesenden sich wenigstens amüsieren können: «Sie instruieren Toiletten und Duschen», ist da zu lesen. Was die Sanitäranlagen wohl lernen mussten? Wasser lassen nach Wasser lassen oder regnen lassen, obwohl draussen die Sonne scheint? Ob sich da nicht ein KI-Korrektorat installieren liesse?

 

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