StartseiteMagazinKulturDas Emmental - mit Europa verbunden

Das Emmental – mit Europa verbunden

Schon seit dem 18. Jahrhundert liessen sich die Emmentaler Handwerker von Kreativität, Innovation und Weitsicht leiten und schauten über die Grenzen.

Langnau, in die waldigen Hügel des Emmentals eingebettet, stand in früheren Jahrhunderten in Verbindung zur Welt ausserhalb der einheimischen Milch- und Forstwirtschaft, die stets ihre Bedeutung behielt. Und zuweilen kam die Welt auch nach Langnau.

Von der vielfältigen Vergangenheit des Emmentals und seiner Bewohner zeugt das Regionalmuseum, das seinen Platz in einem stattlichen früheren Bauernhaus gefunden hat. Während sich die zunehmend bürgerlich-gewerblich geprägte Gesellschaft im Emmental seit dem 18. Jahrhunderts durchaus für die Errungenschaften der Welt interessierte, Gewerbe und Handel über die Landesgrenzen hinaus blickten, blieben die Gebäude des Ortes bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts noch ländlich-bäuerlich geprägt. Das Museum, als Bauernhaus errichtet, später eine Bäckerei, die wegen ihrer Apfelchüechli beliebt war, diente zuletzt der Gemeindeverwaltung.

Keramik aus Langnau

Seit dem 17. Jahrhundert war Langnau ein bedeutender Standort der Töpferei im Kanton Bern, deren Produkte weitherum gesucht waren. Nicht nur die typischen Ornamente, sondern auch die Qualität der Herstellung waren über die Schweiz hinaus berühmt. Besonders beliebt war Zierkeramik, als Einzelanfertigung für spezielle Anlässe aufwendig bemalte Teller und Schalen mit Bildern und Sprüchen. Rot, Grün und Gelb auf elfenbeinfarbenem Grund waren die üblichen Farben, die mit Ritzdekor verfeinert wurden. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts gerieten diese prächtigen Keramiken aus der Mode.

Ein Spross der damals angesehenen Töpfer-Familie Herrmann wurde im 18. Jahrhundert Direktor der ebenfalls berühmten Fayence-Manufaktur in Bern, die Kacheln für Wände und Öfen herstellte. Daniel Herrmann schrieb viele Rezepturen für Farben und Glasuren auf, viele davon für Fayenceglasuren. Diese Rezepturen für Engoben, Glasuren und Malfarben galten als Berufsgeheimnisse. Im Langnauer Museum sind ausser kleineren Fayencen zwei derartige Kachelöfen zu bewundern.

Schwarzwälder Glasbläser brachten das Flühliglas

Aus dem Schwarzwald wanderten um 1725 Glasbläserfamilien ins Emmental, die sich besonders in Schangnau und Flühli niederliessen – daher der lang gebräuchliche Name «Flühliglas». Die Glasbläser beschränkten sich nicht auf die Erzeugung von einfachem Gebrauchsglas wie Fensterglas oder grüne Flaschen, sondern stellten auch farbige, bemalte und geschliffene Glasgefässe her. Im Wald und in der näheren Umgebung fanden die Glasbläser die notwendigen Rohstoffe: Sand, Pottasche und Holz.

Da zur Glasbläserei wie auch zur Töpferei sehr hohe Temperaturen erforderlich sind, wurden grosse Mengen Holz geschlagen – zu viel! Im 19. Jahrhundert erkannte man, dass der Raubbau am Wald – nicht nur durch die Glasherstellung, sondern ebenso durch die anderen Gewerbezweige – zu Überschwemmungen, Erdrutschen und Erosion führte. Die Gegend um Langnau war früher berühmt gewesen für ihre mächtigen, jahrhundertealten Weisstannen, von denen nur noch wenige stehen geblieben waren. Man musste also einerseits den Wald wieder aufforsten und andererseits andere Wege finden, um die notwendige Energie zu erzeugen. In der Folge wurde die energieaufwendige Glasbläserei aufgegeben, die Glasbläser verloren die jeweils neu zu erwerbenden Rechte, ihre Rohstoffe abzubauen. Die letzte Glashütte wurde 1870 nach Hergiswil NW verlegt, wo die Firma Niederer heute noch besteht.

unten:  Der Apothekerschrank stammt aus Schüppachs Doktorhaus

Michel Schüppach – Franzosen lassen sich von ihm kurieren

Die Heilkunst machte Langnau und das Emmental auch in fernen Gegenden berühmt. Der «Wunderdoktor» Michel Schüppach (1707 – 1781) hatte zunächst Wundarzt gelernt und schon mit 20 Jahren eine Praxis in Langnau übernommen. Offensichtlich verband er Begabung mit für die damalige Zeit gutem medizinischem Wissen. Auch von der Berner Ärztegesellschaft erhielt er später Anerkennung. Seine Spezialität war die von ihm entwickelte Urin-Diagnose, nach der er – wie damals üblich – die selbstgefertigten Heilmittel auswählte oder zusammenstellte. Schüppach hatte grossen Erfolg, er konnte sich ein stattliches Kurhaus einrichten, wo ihn nicht nur Kranke, sondern auch Berühmtheiten wie Joh. Caspar Lavater aus Zürich oder Joh. Wolfgang Goethe mit dem Herzog Karl August aus Weimar besuchten.

Familie Herrmann – die Schöpfer der Langnauer Handorgel

Werkstatt von Gottfried Herrmann, der auf dem Portrait dargestellt ist

 

1835 hatte ein Drechslergeselle aus Vorarlberg ein «Wiener Akkordion» mitgebracht. Davon liess sich die Familie Herrmann inspirieren. Diese hatten sich bislang als «Handharfenfabrikanten» bezeichnet, was sich wohl auf die im Emmental bekannten Halszithern, die Hanottere, bezog. Nun bauten die Herrmanns dieses neue Instrument nach. So entstand das Langnauer Örgeli, die Urform des Schwyzer Örgelis. Alle Teile daran wurden in Handarbeit angefertigt. Das Museum zeigt die Werkstatt von Gottfried Herrmann.

Man findet in diesem sorgfältig gestalteten Museum zahlreiche historische Schätze – und bei jedem lohnt es sich, nach weiteren Informationen und Zeugnissen zu forschen. Zu nennen sind da die Gebrüder Christian und Ulrich Schenk aus Signau, begnadete Mechaniker, die in Bern neben vielen eigenen feinmechanischen Konstruktionen auch Theodoliten herstellten. Diese Messinstrumente wurden nach 1815 für die durch Napoleon neu geordneten Schweizer Kantone ein unentbehrliches Hilfsmittel, um die Grenzen zu kartographieren.

Noch berühmter wurde Carl Joh. Emmanuel Schenk, der Sohn von Christian Schenk, denn er war 31 Jahre lang Bundesrat, bis er 1895 nach einem tragischen Unfall starb. Achtung verdient er jedoch vor allem als Vorreiter der Armenfürsorge, da er noch vor seinen Amtsjahren im Bundesrat das erste Berner Sozialgesetz in die Wege geleitet hatte.    

Regionalmuseum Langnau

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