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Die Schatzkiste Japans

Reise von Tokyo nach Kyoto (4): Kyoto –  Stadt der Tempel und Geishas

Kyoto war während über 1000 Jahren Kaiserresidenz und weist die grösste Dichte an Tempeln und Schreinen aus. Während unseres zweitägigen Besuchs in Kyoto besuchten wir zahlreiche Tempel, und jeder war auf seine Art faszinierend. Fotografieren durfte man in den Innenräumen leider nicht.

Klassisch komponierter Zen-Garten ohne Pflanzen im Ryoan-ji Tempel

Der Garten im Zen-Tempel Ryoan-ji ist berühmt für die sorgfältig komponierten Steininseln auf geharktem Sanduntergrund. Durch den radikalen Verzicht auf Pflanzen bekommt die Anlage etwas Zeitloses, Abstraktes. Allerdings kam in der grossen Besucherschar kaum eine meditative Stimmung auf. Hingegen war die Parkanlage mit dem See eine wahre Augenweide.

Der Goldene Tempel Kinkaku-ji ist ein touristisches Highlight.

Die Besucherströme im Goldenen Tempelwerden mittels eines Einbahnwegs durch die Parkanlage hindurchgeschleust. Die Hauptattraktion, der mit Blattgold überzogene Pavillon an einem See, geht bis auf das 14. Jahrhundert zurück. Er wurde nach der Brandstiftung eines Mönchs, der über den Reichtum erzürnt war, 1955 wieder neu errichtet.

Ebenfalls nach einem Brand wurde im Jahr 1266 die Tempelhalle Sanjūsangen-dō, das längste Holzgebäude Japans, wieder aufgebaut. Noch aus der Gründungszeit, 100 Jahre früher, stammt die Statue der „Tausendarmigen Kannon“, die im Tempel bis heute verehrt wird. Kannon ist eine der beliebtesten buddhistischen Gottheiten und wird oft mit mehreren Armen oder Köpfen dargestellt. Sie hat die Aufgabe, die Gebete der Menschen zu erhören und ihnen zu helfen, Erlösung zu finden.

Beidseits der sitzenden buddhistischen Gottheit reihen sich auf 10 Stufen hintereinander 1000 lebensgrosse Statuen aneinander. Jede ist individuell gestaltet und soll den Menschen beschützen vor Gefahren durch die Natur, Wind, Regen, Donner, auch unterstützen für gute Ernte, für Fruchtbarkeit usw. Ein Panoptikum mit für uns wild erscheinenden Gestalten, die im 12. und 13. Jahrhundert aus Japanischer Zypresse geschnitzt und vergoldet wurden.

Scharlachrote Tore führen zum Allerheiligsten

Der Shintō-Schrein Fushimi Inari-Taishagehört zu den ältesten Schreinen Kyotos. Besonders eindrücklich sind die Alleen aus Tausenden von scharlachroten Torii (Tore), gespendet von Einzelpersonen, Familien und Firmen. Diese Tore führen einen Hügel hinauf zum Allerheiligsten. Bis heute werden hier an bestimmten Feiertagen Feste gefeiert mit Ritualen und Opfergaben. Es werden dann noch viel mehr Menschen anwesend sein, als bei unserer Besichtigung. Aber je höher man den Treppenweg hinaufging, je weniger Besucher begegneten einem.

Am liebsten war mir der kleine TempelManshu-in aus dem 8. Jahrhundert. Er zeichnet sich durch besonders schöne Wandmalereien aus verschiedenen Epochen aus, wie die Tigerdarstellung des Malers Kanō Eitoku (1543-1590) oder der Wasserfall von Kanō Tan’yū (1602-1674). Auch der Garten war zauberhaft an diesem regnerischen Tag, wo wir frühmorgens die einzigen Besucher waren.

Regen fällt ins Wasserbecken im Manshu-in Tempel

Im Zen-Tempel Tōfuku-ji begeisterte die grosszügige Parkanlage mit altem Baumbestand. Der Regen brachte intensive Farbnuancen im Blätterwerk der Büsche und Bäume hervor.

Grosse Parkanlage im Herbstkleid im Zen-Tempel Tōfuku-ji

Zum Abschluss besuchten wir den Eikan-dō Zenrin-ji Tempel, gegründet 853 von einem Mönch, in dessen Nachfolge der soziale Gedanken für die Gesellschaft im Zentrum stand. Auch dieser Tempel steht mitten in einem prachtvollen Park an einem See mit einer halbrunden Brücke, als wäre sie das Vorbild von Monets Gartenlandschaft gewesen.

Der „Monet-See“ in der Eikan-dō Zenrin-ji Tempel-Anlage

Plötzlich hörten wir eigenartige Töne, denen wir folgten. Im Haupttempel waren viele Menschen versammelt. Durch eine offene Türe konnten wir beobachten, wie mehrere Priester in archaischen Gewändern den Raum betraten bis die Türe geschlossen wurde. Dafür erreichten uns nun neue Klänge, zu unserem Erstaunen, vertraute Orgelklänge. Für diesen kurzen Einblick in eine fremde Glaubenswelt waren wir dankbar, auch wenn wir das Ritual mehr erahnten als verstanden.

Eingang zum gedeckten Nishiki-Markt

Kyoto ist nicht nur berühmt für seine unzähligen Tempel. Auch der gedeckteNishiki-Markt in der Innenstadt Kyotos ist reich an Geschichte und Tradition. Zwei sich gegenüberstehende Reihen von Marktständen bilden eine schmale Gasse, durch die sich die Marktbesucher

Man findet hier alles, was die japanische Küche braucht: Fisch, Meerestiere, unterschiedlichste Tee- oder Reissorten im Offenverkauf, Nudeln aus Buchweizen (soba) oder weissem Weizenmehl (udon), die in Misosuppe mit Zwiebeln und Gemüsestückchen so gut schmecken, Tofu, eingelegtes oder frisches Gemüse, Gebäck, perfekt aussehende Früchte, die extrem teuer sind. Die verschiedensten Düfte kommen einem entgegen, die Verkäufer sind Fachleute ihrer Produkte.

Der Nishiki-Markt bietet alles für die japanische Küche

Im ebenso gedeckten Querarm zur Marktgasse sind Geschäfte angesiedelt mit Kimonos, Souvenirs und Restaurants. In der Einkaufsstrasse ausserhalb des Marktes findet man elegante Geschäfte und Warenhäuser. Hell erleuchtet bieten sie Luxuswaren an, auch Marken, die uns vertraut sind, wie der elegante Lindt & Sprüngli Laden.

Das Kabuki-Theater Minamiza mit bunten Theaterbildern dekoriert

Nicht weit entfernt vom Nishiki-Markt befindet sich das Gion-Viertel, die Ausgehmeile Kyotos. Gleich am Anfang fällt ein mit bunten Bildern geschmücktes Gebäude auf: das alte Kabuki-Theater Minamiza. Das japanische Kabuki-Theater besteht aus Gesang, Pantomime und Tanz und wird nur von Männern gespielt, mit dicker maskenhaft aufgetragener Schminke und farbenfrohen Kostümen. Die Darsteller stammen aus Schauspielerfamilien und trainieren Rollen, Posen und Bewegungen von Kind an. Leider hatten wir keine Gelegenheit für einen Theaterbesuch.

Zum Abschluss unserer Reise sagte man uns, dass wir im Gion-Viertel überall gut essen könnten und vielleicht sogar Geishas antreffen. Wir liessen uns vom Menschenstrom auf dem Trottoir mitreissen, schauten immer wieder einmal auf die Speisekarten der Restaurants, die alle recht teuer waren oder zu wenig Platz hatten. Schliesslich wichen wir auf dunkle Nebengassen aus, wo wir fündig wurden und preiswert und gut essen konnten. Aber echten Geishas, den japanischen Gesellschaftsdamen, sind wir nicht begegnet – ausser Touristinnen, die sich im Kostümverleih als Geishas verkleiden liessen.

Dunkle Nebengasse im Vergnügungsviertel Gion

Teil 1 / Teil 2 Teil 3 des vierteiligen Reiseberichts

s.a. Eva Caflisch, Beitrag zur Ausstellung im Rietberg Museum, Zürich; «Nächster Halt Nirvana – Annäherungen an den Buddhismus», bis 31. März 2019

Alle Fotos:  © Ruth Vuilleumier

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