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Zwischen Farben wandeln

Der Luzerner Maler Giacomo Santiago Rogado zeigt im Kunstmuseum Solothurn Werke, die in den letzten Jahren entstanden sind. Farbe und Form ergänzen sich darin zu grosser Ausdruckskraft.

Giacomo Santiago Rogado, 1979 in Luzern geboren und heute in Berlin ansässig, bearbeitet durchwegs abstrakte Themen, und doch sprechen seine Bilder unmittelbar zu den Besuchenden. Die gegenwärtige Einzelausstellung nennt er Desire Path, als möchte er andeuten, dass es eine Lust ist, durch die Ausstellungsräume zu spazieren und sich von den Werken inspirieren zu lassen. Der englische Begriff «desire path» soll auf Deutsch «Trampelpfad», d.h. nicht befestigter Weg, bedeuten, was die Absicht dieser Titelgebung nicht wirklich trifft. Vielmehr begeben wir uns auf einen Pfad, den wir selbst gewählt haben, ein Weg, der uns Vergnügen bereitet – und als wichtigstes: der unsere Wünsche und Gefühle berührt.

Die Räume wurden, wie Museumsdirektor Christoph Vögele schreibt, vom Künstler selbst eingerichtet. Das vermutet die Besucherin schon, bevor sie es erfährt. Die Werke sind nämlich so klug und einfühlsam gehängt, dass ich mich von Bild zu Bild, von Raum zu Raum geführt fühle. Und da zeigt es sich, dass Rogado eine klare Vorstellung hat, wie er mit Licht und Raum umgehen will.

Giacomo Santiago Rogado: Intuition 29 (2018) Mischtechnik auf Baumwolle, 150 x 110cm

Es ist ein schätzenswerter Ansatz dieses Kunstmuseums und seines Direktors, den Ausstellenden Entscheidungsfreiheit über die Räume einzuräumen. So entsteht aus einer Reihe von Kunstwerken ein vom Künstler gestalteter Zusammenhang, manchmal subtil, manchmal erhellend für die Betrachtenden.

Rogado benutzt für seine Werke vorwiegend Baumwollstoffe oder Leinen. Das gibt den Bildern eine ungewöhnliche Tiefe und zugleich Weichheit. Für seinen Schaffensprozess ist das Material unverzichtbar. Er taucht den Stoff in Farbbäder, wobei gewollte Komposition und Zufall ineinander spielen. Die Baumwolltücher saugen in einem langsamem Trocknungsprozess die Farben auf, die der Künstler in Behälter tröpfeln lässt. Auf dem Stoff entfalten sich die Tropfen zu fantastisch farbigen Formen. So entstehen Werke wie diejenigen der Reihe Intuition.

Zuweilen bearbeitet der Künstler das Werk noch weiter: Er deckt gewisse Stellen mit Silikon ab und führt die Färbearbeit weiter. Es kann auch vorkommen, dass Rogado zum Pinsel greift, und in das noch nasse Tuch weitere Veränderungen einarbeitet. Zu erkennen sind diese Arbeitsschritte nur dem Experten, zu subtil sind diese Feinheiten.

Giacomo Santiago Rogado: Coalescence (Black, Iridescent blue green), 2018, Acryl und Öl auf Leinen, 70 x 50cm

Ein spezielles Motiv begleitet uns durch die ganze Ausstellung: Coalescence. Diese Bilder haben ein weniger grosses Format, faszinieren aber in jeder Ausführung durch die Art, wie sie in den Raum strahlen. Hier arbeitet Rogado mit Acryl und Öl auf Leinen. Von Ferne wirkt das Bild mehr oder weniger einfarbig. Erst wenn man nähertritt, erkennt man die Struktur der feinen geschwungenen Linien mit ihrem Zentrum in der Mitte.

Ich zähle zehn Interpretationen dieses Sujets und bin besonders erstaunt darüber, dass jedes Bild für sich einen besonderen Charakter besitzt, durch die Farbe und die subtilen Unterschiede der Linien.

Während anfangs die freien Formen und Farben sich ausbreiten, folgen im zweiten und dritten Saal Kompositionen mit geraden Farbbalken. Wiederum erklärt die Hängung die Aussagen der Bilder. Im 3. Saal hängt nur ein einziges Werk, das in seinen dunklen Grundtönen auf die gleichfalls sichtbaren Bilder in Saal 2 zu antworten scheint.

Giacomo Santiago Rogado: Coalescence (White, Magenta). 2018. Acryl und Öl auf Leinen. 40 x 30cm

Der dunkle Hintergrund verweist auf den nächsten Saal: eine raumfüllende Installation: Rogado hat Achatscheiben, wie man sie häufig in Edelstein- bzw. Einrichtungshäusern findet, in Projektoren geschoben und beleuchtet damit die gesamte Wand. Formen wie Maserungen oder Moose, Farben wie Holz oder Wasser inspirieren und ergänzen die Eindrücke aus den anderen Sälen.

Auf dem Spaziergang durch das Schaffen des Künstlers können wir anschliessend gleichsam einen Blick in seinen Denkraum werfen. Es ist ein Kabinett einer Vielzahl von Papierarbeiten, die gleichmässig nebeneinander gehängt sind, so dass ein paar Schritte seines Arbeitsprozesses erkennbar werden.

 

Giacomo Santiago Rogado: Shell (2018) Mischtechnik auf Baumwolle. 220 x 130 cm.

Die neueren Werke aus den Jahre 2017 und 2018 führen uns vor Augen, wie Rogado seine Kunst weiterentwickelt. Seine grundsätzliche Intention, verschiedene Elemente und Strukturen in eine ausgeklügelte Balance zu bringen, bleibt bestehen. Der Künstler befasst sich nun ebenfalls mit runden Formen statt Balken. Ein Werk wie Shell (2018) schwelgt in Bewegung und Farbe, und andere Werke tragen musikalische Titel. Die Formen scheinen Schwung aufzunehmen, als ob sie zum Tanzen einladen möchten.

Giacomo Santiago Rogado: Desire Path. Werke 2014 – 2019 im Kunstmuseum Solothurn ist noch bis 16. Februar 2020 anzuschauen.
Webseite des Künstlers

Zur Ausstellung erscheint im Verlag für moderne Kunst, Wien, ein reichbebildertes Buch mit zwei Texten von Miguel Campón und Christoph Vögele. (128 Seiten)

Titelbild:  Tendo 1 2018 Mischtechnik auf Hanfleinen. 180 x 120 cm
Alle Bilder:  © Studio Rogado, Berlin Courtesy Galerie Mark Müller, Zürich

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