Anfang November wurden im Kinotheater Madlen in Heerbrugg die beiden Rheintaler Kulturpreise verliehen: der «Goldiga Törgga» an den Filmemacher Thomas Lüchinger und der «Grüana Törgga» an den Musiker Sandro Heule.
«Törgga» wird im St. Galler Rheintal heller Speisemais genannt, aus dem der traditionelle Riebel, eine einfache Mischung von hellem Mais- und Weizengriess, zubereitet wird.
«Der Rheintaler Kulturpreis «Goldiga Törgga» ist mit 15’000 Franken dotiert und zeichnet Kulturschaffende, Institutionen und Organisationen mit ausserordentlichen kulturellen Leistungen aus, die das Rheintal stärken und bereichern. Er wird seit 2012 jährlich vergeben. Der Rheintaler Kulturpreis «Grüena Törgga» ist mit 5’000 Fr. dotiert, wird seit 2019 jedes zweite Jahr vergeben und geht an jüngere Kulturschaffende mit Engagement und Potential.» (Rheintaler Kulturstiftung). Für den Preis kann man sich nicht bewerben, stattdessen werden aussichtsreiche Kandidaturen von einer fünfköpfigen Jury nominiert und die Gewinner schliesslich von der Rheintaler Kulturstiftung gewählt.
Mit dem «Grüena Törgga» wurde in diesem Jahr Sandro Heule ausgezeichnet, geboren 1984 in Widnau. Nach dem Besuch des Musikgymnasiums an der Kantonsschule Heerbrugg studierte er E-Bass und Klavier an der Jazzschule St. Gallen. Neben seiner Lehrtätigkeit tritt der Bassist in Konzerten mit unterschiedlicher Besetzung auf, liebt die freie Improvisation, aber auch Grooviges und lässt sich gern auf elektronische Experimente ein. Als Organisator ist er ebenfalls nicht zu übersehen, bringt Musiker zusammen und ist dadurch ein bedeutender Impulsgeber für die Ostschweizer Musikszene.
Sandro Heule mit dem «Grüana Törgga» in der linken und dem gerahmten Auszeichnungsschreiben in der rechten Hand (Foto bs)
Mit dem «Goldiga Törgga» wurde der im Jahre 1953 im St. Galler Rheintal geborene Thomas Lüchinger geehrt für sein malerisches und filmisches Schaffen, mit welchem er international bekannt wurde. Schon sein erster Film «Schritte der Achtsamkeit – eine Reise mit Thich Nhat Hanh» wurde im In- und Ausland ein grosser Publikumserfolg. Es folgten Beginning Anew (2000), On a Clear Day – Agnes Martin (2002), Der Diplomat (2002), Johle und Werche (2006), Luminawa (2009), Guets Neus – schöö. Wüescht ond schööwüescht (2011), Beeing There – Da Sein (2016), Paths of Life (2020), Zuversicht (2021) und Sound and Silence (2022).
Der Preisträger Thomas Lüchinger mit dem «Goldiga Törgga» bedankt sich bei der Rheintaler Kulturstiftung, beim Laudator Peter Roth, bei seinen Angehörigen und beim Publikum.
Die Laudatio für Thomas Lüchinger hielt der Komponist und Musiker Peter Roth, der im Film «Johle und Werche» in die Klangwelt und Klangrituale der Toggenburger Bevölkerung einführt und eine tiefgründige Verbindung von Musik und Alltag aufzeigt. Einige Zitate aus seiner Laudatio:
- «Ora et labora, die Regel der Benediktiner, beten und arbeiten – das verkörperst du für mich in deiner Person und in deiner Arbeit. Beten heisst Nicht-Ego sein, sich selbst aufgeben – und das machst du, wenn du arbeitest. Und es ist für mich das wichtigste Kennzeichen in allem, was du machst.»
- «Du bist ja auch nicht einfach das, was man sich unter einem Filmer vorstellt. Vielmehr bist du für mich ein Universalgenie…du bist Dok-filmer, bist Maler und Zeichner, bist Musiker und Koch, Autor und Gärtner, Lehrer und vor allem bist du ein Inspirator und Ermutiger.»
Peter Roth spielte vor und nach seiner Laudatio auf dem Hackbrett und sang dazu einen Naturjodel und den Alpsegen.
- «Schon in «Schritte der Achtsamkeit» sah, ja spürte ich hinter diesen Bildern, Einstellungen und Schnitten klar und deutlich einen kreativen, feinfühligen, spirituellen, sensiblen und bescheidenen Menschen.»
- «So warst du dein Leben lang ein furchtloser Filmer und Künstler ohne Schubladen, ohne Begrenzungen durch irgendwelche Zuschreibungen oder Kategorien wie Autor, Zeichner, Maler, Musiker, Fotograf, Regisseur, Drehbuchschreiber oder Kameramann. Dieser weite Blick und die damit verbundene Ernsthaftigkeit hat dich auch davor bewahrt, irgendwelche süffige, trendige Themen zu bearbeiten.»
Thomas Lüchinger war von den Worten seines Freundes Peter Roth sichtlich gerührt und bedankte sich für die Auszeichnung. Er erinnerte mit sanfter Stimme an den Freiraum und die kreative Stimmung im Kolonialwarenladen bei seiner italienischstämmigen Grossmutter, welche dem kleinen Thomas das Tor zur Welt öffnete. Für seine Frau Catherine, die ihn stets, auch in schwierigen Zeiten unerschütterlich begleitete, fand er herzhafte Worte und noch intensivere Sekunden des Schweigens.
Souverän, frisch und munter führte die Präsidentin der Rheintaler Kulturstiftung, Dr. Christa Köppel, durch den Abend.
Die Band Liaison mit vier bestens aufeinander abgestimmten Rheintaler Sängerinnen sorgte für einen beschwingten musikalischen Rahmen.
Ein Apéro riche mit regionalem Wein und inspirierenden Begegnungen war der Abschluss einer Preisverleihung, die selbst zu einem unvergesslichen Kulturevent wurde.
Titelbild: v.l. Peter Roth, Christa Köppel, Sandro Heule mit dem «Grüana Törgga», Thomas Lüchinger mit dem «Goldiga Törgga»
Website der Rheintaler Kulturstiftung: https://rheintalerkulturstiftung.ch
Website von Thomas Lüchinger: https://rosesforyou.ch/de/thomas-luechinger/
Interview mit Thomas Lüchinger auf Seniorweb vom Sommer 2023: https://seniorweb.ch/2023/07/21/zu-besuch-bei-thomas-luechinger-70-filmregisseur/
Website von Peter Roth: https://www.peterroth.ch
Fotos von Willi Keller, Maler und Fotograf, Preisträger des «Goldiga Törgga 2022»: https://willikeller.ch