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Star-Künstlerinnen neu entdecken

Künstlerinnen waren in der Geschichte mitunter erfolgreicher als ihre männlichen Kollegen, dennoch gerieten sie meist in Vergessenheit. Das Kunstmuseum Basel präsentiert in der Ausstellung «Geniale Frauen» ihre Werke aus dem 16. bis 18. Jahrhundert und stellt diese ihren männlichen Weggefährten gegenüber.

Zwischen 1500 und 1800 gab es im Norden wie im Süden weit mehr Malerinnen, Verlegerinnen und Grafikerinnen als man vermuten würde. Wer ihre Biografien liest, staunt, wie emanzipiert und berühmt manche zu Lebzeiten waren. Eine Karriere war jedoch nur unter besonderen Bedingungen möglich, zumal einer Frau der Zugang zu den Akademien lange verwehrt blieb. Die auf hohem Niveau arbeitenden Frauen stammten nicht nur, aber meistens aus Künstlerfamilien. Nach ihrem Tod wurden sie vergessen und ihre Werke Männern zugeschrieben.

Catharina van Hemessen, Selbstporträt an der Staffelei, 1548. Frühestes bekanntes Selbstporträt einer Künstlerin bei der Arbeit. Kunstmuseum Basel. Foto: Martin P. Bühler

Die Ausstellung Geniale Frauen zeichnet den Werdegang von neunzehn Künstlerinnen nach und stellt ihnen Werke ihrer Väter, Brüder, Ehemänner und Konkurrenten gegenüber. Dabei werden auch die sozialen wie familiären Hintergründe beleuchtet. Konzipiert wurde die Schau in Hamburg vom Bucerius Kunst Forum. Sie ist nun etwas kleiner im Kunstmuseum Basel zu sehen.

Porträts und Blumenstillleben waren Hauptthemen von Künstlerinnen. Historienbilder blieben den Männern vorbehalten, da den Frauen das Vorstellungvermögen dafür abgesprochen wurde. Dennoch liessen sich einzelne Malerinnen nicht daran hindern. Mit der Porträtmalerei konnten sich Künstlerinnen wirtschaftlich unabhängig entfalten, denn die bessere Gesellschaft liebte es, sich von ihnen abbilden zu lassen. Mit Selbstbildnissen wurde das künstlerische Können unter Beweis gestellt, und so wurden diese, in der Hoffnung auf weitere Aufträge, als Werbegeschenk an Auftraggeber abgegeben.

Marietta Robusti, genannt La Tintoretta. Selbstporträt mit Jacopo Strada, um 1567/68. Marietta war öfters für Aufträge mit ihrem Vater unterwegs. Um nicht aufzufallen, kleidete sie sich als junger Mann. Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden. Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut.

Das früheste bekannte Selbstporträt einer Künstlerin bei der Arbeit schuf Katharina van Hemessen (1528-nach 1565) im Alter von zwanzig Jahren. Sie hatte das Malen in der Werkstatt ihres Vaters Jan Sanders van Hessen (um 1500-um 1556) erlernt. Auch Marietta Robusti, genannt La Tintoretta (um 1554-1614) lernte in der Werkstatt ihres Vaters Jacopo Robusti, genannt Tintoretto (1518/19-1594). Sie arbeitete mit ihm, bevor sie selbst eine gefeierte Malerin wurde.

Manche Künstlerinnen heirateten in einen Künstlerhaushalt hinein. Wenn sie Glück hatten, wurden sie von ihrem Ehemann unterstützt wie Rachel Ruysch (1664-1750). Ihre Stillleben verkauften sich besser als jene ihres Gatten. Als erste Frau wurde sie 1701 in die Malergilde von Den Haag aufgenommen. Von Amsterdam aus malte sie einen Teil ihrer begehrten Bouquets für den Hof von Düsseldorf. Ihre Blumenstillleben erzielten Höchstpreise.

Rachel Ruysch, Stillleben mit Rosenzweig, Käfer und Biene, 1741. Kunstmuseum Basel. Foto: Martin P. Bühler

Oft aber gaben sie ihr eigenes Atelier auf, arbeiteten im Betrieb des Ehemannes und kümmerten sich um die Kinder wie etwa Judith Leyster (1609-1660). Sie war eine Schülerin von Frans Hals, führte ihre eigenes Malatelier und war ein Vorbild für andere Frauen. Selbstbewusst signierte sie ihre Bilder und war Mitglied der Lukasgilde in Haarlem. Nach der Eheschliessung sind nur noch zwei signierte Werke von ihr bekannt. Um ihre Unabhängigkeit zu bewahren, blieben einzelne Künstlerinnen wie Maria van Oosterwijk (1630-1693) bewusst unverheiratet.

Links: Maria Sibylla Merian, Kleiner Schillerfalter (Ausschnitt), Aquarell. Rechts: Porträt von Maria Sibylla Merian,1679, gemalt von ihrem Stiefvater und Lehrer Jacob Marrel (1613-1681). Kunstmuseum Basel

Maria Sibylla Merian (1647-1717) kämpfte um ihre Eigenständigkeit. Ihr in Basel geborener Vater Matthäus Merian war Verleger und Kupferstecher in Frankfurt am Main. Nach seinem frühen Tod wurde sie von ihrem Stiefvater, dem Blumenmaler Jacob Marrel, unterrichtet. Die Ehe mit einem wenig erfolgreichen Künstler verlief unglücklich. Sie trennte sich von ihm und konzentrierte sich auf das Studium und das Malen von Blumen und Insekten. Nach ihrem zweijährigen Aufenthalt in der niederländischen Kolonie Surinam (1699 bis 1701) publizierte sie ihr erfolgreiches Hauptwerk über die Metamorphose der Insekten.

Sofonisba Anguissola, Selbstporträt, 1554. Selbstbewusst hält die 22jährige Künstlerin das offene Buch mit ihrer Signatur vor sich hin. Sie wurde die erste Hofmalerin Europas. Kunsthistorisches Museum, Wien

Einzelne Frauen stammten nicht aus einer Malerfamilie, sondern wurden aus eigenem Antrieb Künstlerinnen, wie beispielsweise Sofonisba Anguissola (1532-1625). Ihre Eltern gehörten dem Handelsbürgertum adeliger Familien Cremonas an. Sie liessen ihren sieben Kindern eine humanistisch geprägte Bildung zukommen. Sofonisba lernte von ihrem elften Lebensjahr an beim Maler Bernardino Campi (1522-1591).

Sofonisba Anguissola hatte ein aussergewöhnliches Leben. Sie war bereits als gute Porträtmalerin bekannt, als sie 1559 als Hofdame an den spanischen Königshof berufen wurde, um die junge Königin zu unterrichtete. Nach deren frühem Tod im Kindbett verheiratete sie der Hof mit einem sizilianischen Edelmann, der bald darauf starb. Auf dem Rückweg nach Spanien verliebte sie sich in einen Genuesen und heiratete ihn ohne Erlaubnis des Königs. In Genua eröffnete sie ihr Atelier und gründete eine Malschule für Mädchen. Noch im hohen Alter bekam sie Besuch von den damals jungen Künstlern Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck, die sie verehrten.

Angelika Kauffmann, Klio, Muse der Geschichtsschreibung, um 1770/1775. Museen Augsburg. Foto: Andreas Brücklmair

Auch in der Schweiz gab es Künstlerinnen, die zu ihrer Zeit berühmt waren, etwa Anna Waser (1678-1714) aus Zürich und ganz besonders Angelika Kauffmann (1741-1807) aus Chur. Durch ihren Vater, einen bekannten Porträt- und Freskenmaler, lernte Angelika Kauffmann die vornehmen Höfe Italiens früh kennen. 1753 malte sie ihr erstes Selbstporträt und wurde zum Star in der Porträtmalerei. Die Berühmtheiten jener Zeit wollten alle von ihr gemalt werden. 1768 wurde sie in London Mitbegründerin der Royal Academy. Als eine der wenigen Frauen malte sie auch Historienbilder. Angelika Kauffmann wurde als «kultivierteste Frau Europas» bezeichnet. Ihre Beerdigung in Rom wurde als prunkvoller Trauerzug inszeniert und bereits drei Jahre später erschien die erste Biografie über sie.

Porträt der Maria Katharina Prestel, von Johann Gottlieb Prestel, Kreide auf Papier, um 1785. Historisches Museum Frankfurt am Main.

In zwei Gafikkabinetten des Museums werden auch Grafikerinnen präsentiert, die in den Werkstätten ihrer Familie mitarbeiteten. Da Drucke mit ausführlichen Herstellerangaben versehen sind, wurden auch die Namen der beteiligten Frauen überliefert, wie etwa Maria Katharina Prestel (1747-1794). Sie heiratete ihren Lehrer Johann Gottlieb Prestel und führte mit ihm das damals florierende Geschäft der Reproduktionsgrafik, aus dem später der Prestel-Verlag hervorging.

Titelbild: Anna Dorothea Therbusch (Ausschnitt) , Selbstbildnis, um 1776. Therbusch war Hofmalerin in Mannheim. Museen Weimar
Fotos: vom Kunstmuseum Basel zur Verfügung gestellt.

Bis 30. Juni 2024
«Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten», Kunstmuseum Basel, Hauptbau
Katalog zur Ausstellung mit zahlreichen Beiträgen und Abbildungen, CHF 48.00

 

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