Die Burgerbibliothek Bern gilt als «Archivperle». In den Kellergeschossen an der Münstergasse werden wertvolle Dokumente, Bücher, Fotos, Gemälde und Porträts für die Nachwelt gesichert. Im Hallersaal wird gelesen und geforscht. Die Burgerbibliothek ist eine Institution der Burgergemeinde Bern.
Der Name ist irreführend. In der Burgerbibliothek kann man keine Bücher ausleihen. Vielmehr ist die einzigartige Kulturinstitution an der Münstergasse ein Archiv und eine Handschriftensammlung. 13 Mitarbeitende sammeln, erschliessen und verwahren wertvolle Dokumente vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart und archivieren digitale Daten langfristig. Mit Veranstaltungen und Publikationen ergänzt die Burgerbibliothek Bern das kulturelle Leben der Stadt.
Die Burgerbibliothek, Ecke Casinoplatz / Münstergasse in Bern.
1951 gegründet und aus der damaligen Stadtbibliothek als selbstständige Institution ausgegliedert, dokumentiert die Institution als Gemeindearchiv die Geschichte der Burgergemeinde Bern, ihrer Institutionen sowie der burgerlichen Zünfte und Gesellschaften. Auch das Gesellschaftsarchiv der Schuhmachern wird im gesicherten Magazin bei einer Luftfeuchtigkeit von 45 Prozent und einer Raumtemperatur von 18 Grad Celsius fachgerecht gelagert.
Das Rechnungsbuch des Seckelmeisters zu Schuhmachern aus dem Mittelalter.
Die älteste Schrift beispielsweise der Gesellschaft zu Schuhmachern,, ein «Restanzenbüchlein», stammt aus dem Jahr 1489. Weitere Dokumente aus dem 16 Jahrhundert betreffen vor allem die Zunftfinanzen. Sämtliche Bestände sind im Online-Archiv inventarisiert und können – nach einer schriftlichen Bestellung – im Hallersaal gesichtet und gelesen werden. Von Vorteil ist dabei die Kenntnis der deutschen Kurrrentschrift.
Beachtliche Fotosammlung
Foto des historischen Bahnhofplatzes, vor dem Umbau. ca 1900. Sammlung Kurt Jungi 335.
Einfacher, als alte Schriftstücke analog zu entziffern, ist es, am heimischen Computer in den digitalisierten Bildbeständen zu schnuppern. Die Grafische Sammlung, das Fotoarchiv, Gemälde mit 190 Laufmetern sowie mehr als 280’000 Einzelaufnahmen bilden einen eigenständigen Sammlungsschwerpunkt der Burgerbibliothek. Dazu gehören unter anderem Aufnahmen des bekannten Bern-Fotografen Eugen Thierstein sowie des Postkartensammlers und Fotografen Hans-Ulrich Suter. Die Bilder dokumentieren das historische Bern und das Umland, aber auch das bernische Patriziat und Bürgertum in Porträts bis zum Jahr 1900.
Sitzung der Bibliothekskommission im Bibliothekssaal, 1696. Gemälde von Johannes Dünz (1645-1736).
Einzigartig ist auch der Bereich «Bongarsiana/Codices». Er umfasst eine international bedeutende Sammlung des französischen Humanisten und Diplomaten Jacques Bongars (1554—1612) mit 650 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Handschriften sowie etwa 150 Fragmenten, die grösstenteils aus Klöstern um Orléans und Strassburg stammen. Dazu kommen 3000 Druckschriften, die durch das «Zentrum Historische Bestände» der Universitätsbibliothek Bern verwaltet werden. Nach Bongars Tod fiel die Büchersammlung an seinen Erben, den Strassburger Bankierssohn Jakob Graviseth, der die Berner Schultheissentochter Salome von Erlach heiratete. So gelangte die «Bongarsiana-Sammlung» von Strassburg zuerst nach Basel und 1632 in die Berner Bibliothek.
Übernahme von Nachlässen und Privatarchiven
Nach wie vor übernimmt die Burgerbibliothek Bern ausgewählte Archivbestände, welche ihr Sammlungsprofil ergänzen, vor allem Nachlässe von Privaten, Familien-, Gesellschafts- und Firmenarchiven, Bilddokumente (Grafik, Fotografie, Gemälde und Porträts) sowie mittelalterliche Handschriften. Diese Bestände prägen schon seit Jahrhunderten die Sammlungen und wachsen kontinuierlich. Neue Bestände werden in der Regel als Schenkung entgegengenommen.
Der Burgerbrief für Rudolf Stierlin, 1814.
Für die Verwaltungsarchive der Burgergemeinde Bern und der burgerlichen Zünfte sowie Gesellschaften gilt das kantonale Gemeindegesetz und damit eine gesetzliche Archivierungspflicht. Die Burgergemeinde Bern untersteht einer Ablieferungspflicht.
Titelbild: Der Hallersaal dient als Lesesaal, in dem wertvolle Handschriften und Dokumente vor Ort studiert werden können. Quelle: Webseite der Burgerbibliothek: https://www.burgerbib.ch/de. Alle Fotos ZVG
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