StartseiteMagazinKulturZupackende Musik agil inszeniert

Zupackende Musik agil inszeniert

Mit Giuseppe Verdis «Un ballo in mascera» setzt das Opernhaus Zürich seine kontinuierlichen Verdi-Produktionen fort. Regisseurin Adele Thomas und Maestro Gianandrea Noseda sorgten für eine vitale Inszenierung mit grossartigen Stimmen und erhielten dafür viel Applaus.

Verdi wird von Intendant Andreas Homoki als «Hauskomponist» der Oper Zürich bezeichnet. In seiner 13jährigen Intendanz wurden elf Neuproduktionen von Verdi-Opern realisiert. Wäre Corona nicht gewesen, hätte Homoki jede Saison eine Verdi-Oper herausgebracht. Mit ein Grund dafür ist, dass die beiden Generalmusikdirektoren unter Homokis Intendanz, Fabio Luisi und Gianandrea Noseda, Italiener sind.

Kontrastreich und collagenhaft

Verdis «Un ballo in mascera» ist nach der sogenannten «Trilogia populare» entstanden, bestehend aus «Rigoletto», «Il trovatore» und «La traviata». Ähnlich wie diese drei weist sie ein kontrastreiches Vokabular und eine collagenhafte musikalische Form auf. Meisterhaft hat Verdi so eine abwechslungsreiche und spannungsgeladene Oper geschaffen, die einen drei Stunden lang in Atem hält. Und wie immer bei Verdi gehen seine Melodien, seine Arien zu Herzen.

Die Geschichte schwankt zwischen Tragödie und Komödie. Riccardo ist Gouverneur von Boston. Im Senat hat er Anhänger, es gibt aber auch Verschwörer gegen ihn. Er verliebt sich in Amelia, die Frau seines besten Freundes Renato. Natürlich ist diese Liebe leidenschaftlich.

Verheerende Voraussage eines Mordes

Die Wahrsagerin Ulrica sagt Riccardo voraus, dass er bald durch die Hand eines Freundes ermordet wird. Die anderen Anwesenden sind schockiert, doch dieser lacht sie nur aus. Als dann aber Renato dahinterkommt, dass er von Riccardo betrogen wird, bedroht er zuerst seine Frau mit einer Waffe. Zudem schliesst er sich den Verschwörern an, um Riccardo an dessen Maskenball zu erschiessen.

Eine Verdi-Oper, die in Boston spielt? Ist der Zensur geschuldet. In der Mitte Riccardo (Charles Castronovo), Mitglied des Bostoner Senats. (Alle Bilder Opernhaus Zürich/ Herwig Prammer)

Regisseurin Adele Thomas hat sich für die Boston-Version entschieden. Verdi hatte sein Original wegen der Zensur nach Boston verlegen müssen. Ursprünglich ging es um den schwedischen König Gustav III., der 1792 auf einem Maskenball ermordet worden war. Heute wird meist das schwedische Original bevorzugt, Adele Thomas tat das jedoch nicht. Sie lässt die Geschichte im amerikanischen politischen Milieu des 19. Jahrhunderts spielen.

Immer wieder die schwarz/weisse Bühne

Wie so oft heutzutage spielt die Geschichte in einer schwarz-weissen Kulisse. Auf der Drehbühne befindet sich ein dunkler runder und zweigeteilter Bau, der die Szenerie auf offener Bühne wechseln lässt. Hier das Sezierzimmer, dann der Saal mit dem Senat oder die dunkle Szene, in der Amelia das Kraut sucht, das ihr die Wahrsagerin Ulrica gegen ihr Liebes-Dilemma empfohlen hat. Dunkel sind auch die Kostüme. Nur die Matrosen tragen blaue Bekleidung, und am Ball sind die Reifröcke der Frauen weiss und mit Pastellfarben durchzogen.

Die Matrosen bringen Farbe ins Bühnenbild. (Chor der Oper Zürich)

Die Personenführung von Thomas ist bis zu Geste aus der Musik heraus entwickelt, die Figuren bewegen sich im musikalischen Fluss. Zwischendurch aber gibt es Szenen wie die mit den tanzenden Matrosen, die zu bewegt wirken. Auch hat man öfter das Gefühl von Operette, die zwar in der Musik angelegt ist, doch optisch und tänzerisch zu sehr in den Vordergrund tritt.

Nosedas zupackendes Dirigat

Die Philharmonia Zürich wirkte sehr präsent, vor allem die Holzblasinstrumente kamen farbenreich zur Geltung. Gianandrea Noseda dirigierte zupackend, prägnant artikuliert und die Dramatik forcierend. So geriet das Orchester zwischendurch etwas gar laut. Aber die innig dahinschmelzenden Kantilenen wurden innig ausgekostet. Zu bewundern ist auch die Leistung des Chores, ob als Senatsmitglieder oder als Matrosen. Er wurde physisch stark bewegt, und dennoch sang er homogen zusammen.

Die Wahrsagerin Ulrica (Agnieszka Rehlis) sagt einen Mord voraus.

Mit Charles Castronovo bekam Riccardo eine einzigartige Tenorstimme. Dieser vermochte den dramatischen Ausbruch voll auszusingen, war aber auch in den lyrischen Momenten überzeugend. Und vor allem ist er oft und temperamentvoll auf der Bühne. Der eindrücklich voluminöse Bariton von George Petean als Renato setzte vor allem im dritten Akt einen markanten Gegenpart.

Amelia als Rollendebüt

Für die Sopranistin Erika Grimaldi ist die Amelia ein Rollendebüt. Sie hat eine dramatische und durchdringende Stimme, die für diese Frauenrolle in gewissen Passagen zu schneidend wirkte. Am besten gelang ihr der innere Zwiespalt zwischen Liebe und Ehepflicht, den Verdi genüsslich ausbreitet.

Riccardo, Renato (George Petean) und als Diener Oscar eine überzeugende Katharina Konradi in einer Hosenrolle. 

Die Wahrsagerin Ulrica wird von Agnieszka Rehlis mit viel Hingabe präsentiert. Bleibt noch die Hosenrolle des Dieners Oscar, die von der Sopranistin Katharina Konradi mit kecker Leichtigkeit und verschmitztem Auftreten gesungen wird. Das Premierenpublikum schenkte vor allem für die grossen Arien während der Aufführung begeisterten Zwischenapplaus.

Weitere Aufführungen: 11, 14, 17, 21, 28 Dez 2024 / 5, 10, 15, 19 Jan. 2025

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