Was trennt, was verbindet sie? In seinem Werk setzt sich Yann Stéphane Bisso (*1998) mit seiner Herkunft aus Kamerun und Frankreich auseinander. Die Ausstellung wird im Luzerner Kunstmuseum gezeigt.
Yann Stéphane Bisso macht in Landschaftsbildern Zwischenwelten sichtbar. Es kommen surreale Elemente vor, ähnlich wie im magischen Realismus. Die neusten Bilder setzen sich mit dem Werk The Onlooker des jamaikanischen Bildhauers Ronald Moody auseinander. Sie thematisieren das Verhältnis von Malerei und Skulptur, Original und Kopie sowie Kunst und Magie.
Mosaique, présence, absence, Kiefer Halblitzel/ Göhner Kunstpreis 2024
Die Serie Cooking Mama geht von den Hunger-Revolten 2008 in Kamerun aus und reicht bis zur Gelbwesten-Bewegung in Frankreich der letzten Jahre. Die Serie thematisiert damit den globalen Lebensmittelhandel. Dieser macht das Essen immer teurer. Die höheren Preise treffen überall auf der Welt die Ärmsten. Der Künstler setzt diese Phänomene in Kontrast zum Kochtopf der Mutter als Inbegriff für Heimat und Geborgenheit.

Yann Stéphane Bisso vor dem Bild Sablier, vapeur flottante, 2025
Die Zeit vergeht, aber was bleibt und was verschwindet? Die Ausstellung Mosaïque, présence, absence zeigt die neusten Arbeiten, die sich mit der Wahrnehmung von Zeit und ihren Spuren befassen. Eine 27-teilige Werkserie überträgt die zweidimensionale Malerei nicht nur auf die dreidimensionale Skulptur, vielmehr kommt auch eine zeitliche Komponente hinzu, die in der Kunsttheorie als vierte Dimension bezeichnet wird: In dem ein Bild auf dem vorangehenden basiert, schafft Yann Stéphane Bisso einen Bewegungsablauf.

En second Lieu…2025
Mit Kopie, Wiederholung und Rhythmus setzt er der eurozentrischen Sichtweise des ständigen Fortschritts und der linearen Zeitabfolge eine zyklische Form des Erinnerns und der Zeitwahrnehmung entgegen. Die Zeit und noch mehr ihr Verrinnen und Entgleiten ist auch im Gemälde Sablier, vapeurflottante… (Sanduhr, schwebender Nebel…) präsent, in dem die Spiegelung eines Bootes auf der Wasseroberfläche zur Sanduhr wird.
Mosaique, présence, absence, Kiefer Halblitzel/ Göhner Kunstpreis 2024
Die vergehende Lebenszeit und die Überfahrt durch dunkles Gewässer in die Unterwelt sind mögliche Assoziationen. Der Nebel und die schemenhaften Formen am Horizont verstärken diese ungewisse und düstere Vorahnung. In seinen Landschaftsgemälden macht Yann Stéphane Bisso geheimnisvolle Zwischenwelten sichtbar, indem er ähnlich wie im magischen Realismus surreale Elemente durchscheinen lässt.

Can I see another’s woe. And not be in sorrow too? Oel auf Leinwand
Das Triptychon Ensecond lieu… (An zweiter Stelle…) zeigt eine Szenerie aus Wolken. Dabei erscheinen drei Kreise wie fremde Himmelskörper und verwandeln die Traumlandschaft in ein visuelles Rätsel. Erinnerungen an sein Herkunftsland Kamerun prägen Yann Stéphane Bissos Werk. Themen wie Migration und Kolonialismus verwebt er mit persönlichen Fragestellungen um Heimat und Identität.

Mosaique, présence, absence, Kiefer Halblitzel/ Göhner Kunstpreis 2024
Dabei bilden für ihn gesellschaftskritische Schriften insbesondere zu den Folgen des Kolonialismus einen wichtigen Bezugspunkt. In der Werkserie Figures S/O (Figuren S/O) untersucht Yann Stéphane Bisso die Bedeutung von Schwarzer Skulptur und fertigt 27 Objekte an, die Skulptur und Malerei verbinden. Er setzt sich mit den Statuen der Bulu und Bamileke aus Kamerun und zeitgenössischen Werken von Hervé Youmbi, Ousmane Sow und Ronald Moody auseinander.

Mosaique, présence, absence, Kiefer Halblitzel/ Göhner Kunstpreis 2024
Für die 27 Skulpturen geht Yann Stéphane Bisso von Objekten aus Kunst, Kultur und Kunsthandwerk aus. Von jedem malt er vier Gemälde und montiert sie als Kubus auf recyclierte Stuhlbeine. Dabei basiert ein Bild immer auf dem vorangehenden, so dass eine vielschichtige Zeitlichkeit von Original und Kopie entsteht.

Mosaique, présence, absence, Kiefer Halblitzel/ Göhner Kunstpreis 2024
Im Gegensatz zur westlichen Anschauung ist dieses Verhältnis nicht negativ besetzt, sondern das Original erlangt durch seine Kopie eine neue Präsenz (présence). Die Serie thematisiert kulturelles Erbe, seine Zirkulation, Wiederkehr und Reinterpretation. Den Künstler interessiert, wie Motive und Symbole über Generationen und Geografien wandern, sich verändern und immer wieder neue Aktualität erlangen.
Die Ausstellung, kuratiert von Eveline Suter, dauert bis 8.Februar 2026.
Fotos: Josef Ritler

