1 KommentarWarten mit Buddha - Seniorweb Schweiz

Warten mit Buddha

Anfangs Dezember 2012 meinte es Frau Holle gut, sie schüttelte die Federbetten besonders kräftig. Alle hofften auf weisse Weihnachten. Es war höchste Zeit, mit dem Guetslibacken zu beginnen. Aber der Backofen streikte.

Die Adventszeit beginnt, und schon fällt der erste Schnee. Die Flocken tanzen und ich denke ans Guetslibacken für Weihnachten. Hätte ich doch nur schon meine neue Küche, die heute geliefert und eingebaut werden soll. Ein Teil der alten Einrichtung ist in die Jahre gekommen, vor allem der Backofen will nicht mehr.

Erster Schnee zu Beginn der Adventszeit. Im Garten trägt der in sich ruhende Buddha einen dicken Pelzmantel aus Schnee.

An diesem Morgen geht der Wecker früh los. Über Nacht hat es noch besonders viel geschneit. Der Garten liegt still unter einer dicken weissen Decke. Sogar der Buddha im Garten trägt einen dicken Pelzmantel aus Schnee. Wie telefonisch besprochen, wollte der Küchenbauer schon um sieben Uhr in der Früh mit der Arbeit beginnen. Um ihm den Zugang zum Haus zu erleichtern, beginne ich schon um halb sieben, den Weg freizuschaufeln. Zufrieden stelle ich die Schaufel weg und mache mir einen wohlverdienten Kaffee in der Stube. Denn hier sind neben der Kaffeemaschine auch sämtliche Küchenutensilien zwischengelagert, bis die neue Küche eingerichtet ist. Ich warte, der Küchenbauer kommt sicher bald.

Das Zwischenlager mit den Küchenutensilien in der Stube.

Es ist viertel nach acht. Der Küchenbauer ist nicht gekommen. Immer noch schneit und schneit es, der Weg ist wieder zugedeckt. Er müsste doch jeden Moment da sein. Nochmal schaufle ich den Schnee weg, damit er gut durchkommt, wenn er dann kommt. Ein Anruf wäre hilfreich, vielleicht hat er ja einen Unfall oder ist im Schnee stecken geblieben oder findet mein Haus nicht. Leider habe ich seine Telefonnummer nicht. Es bleibt nichts übrig als weiterhin Kaffee zu trinken, Zeitung zu lesen und etwas rumwerkeln.

Die wohlverdiente Kaffeepause zwischen dem Schnee schaufeln.

Es ist neun Uhr und taghell geworden. Der Küchenbauer hat sich immer noch nicht gemeldet. Frau Holle schüttelt ihre Decken immer noch eifrig aus. Der Weg ist wieder schneeweiss, wieder schaufle ich. Die Kirchenuhr schlägt zehn. Endlich. Vom Fenster aus sehe ich im Schneegestöber einen Mann, den Weg entlangstapfen. Ich gehe ihm entgegen. Tatsächlich, er ist es. Warum hatte er drei Stunden Verspätung? Gab es Unfälle unterwegs auf der schneebedeckten Autostrasse? Nein, er musste Schnee schaufeln, war seine knappe Antwort. Ich schlucke leer. Doch, dass er jetzt überhaupt dasteht, besänftigt mich.

Die Turmuhr schlägt zehn, endlich kommt er.

Es ist höchste Zeit. Auch wenn es sich nur um eine kleine Küche handelt, so muss sie doch zuerst demontiert werden. Die Neue soll im Laufe des Vormittags angeliefert werden. Der Küchenbauer macht sich ans Werk. Ich höre ihn bohren, Bretter raushauen, sägen, Klebeband abreissen, es scheppert, es tut sich etwas. Demnächst soll noch der Sanitär vorbeikommen. Hoffentlich klappt alles rechtzeitig. Ich möchte doch bald wieder richtig kochen und backen.

Nach der Demontage der alten Küchenmöbel werden die neuen installiert. 

Es geht vorwärts. Der Sanitär ist pünktlich gekommen, stellt das Wasser ab und entfernt die Armaturen. Die alte Küche steht nun in Stücke zerlegt draussen im Schnee und ist nicht wiederzuerkennen. Und schon rollt ein grosser Lastwagen langsam rückwärts auf der schneebedeckten Zufahrtsstrasse heran. Die neue Kücheneinrichtung wird geliefert, die alte eingeladen. Doch es gibt Probleme. Der Küchenbauer erklärt mir, dass er noch den Elektriker für das Anschliessen der Geräte aufbieten muss.

Ein Teil meiner Küche steht.

In der leergeräumten Küche baut der Küchenbauer nach und nach die Küchenmöbel, den Herd und das Spülbecken auf. Die Abdeckung passt perfekt. Er arbeitet sorgfältig und präzis. Und auf einmal steht alles. Die neue Küche glänzt und sieht richtig gut aus. Allerdings müssen Herd und Backofen noch elektrisch angeschlossen werden. Der Elektriker verspricht, morgen rechtzeitig vorbeizukommen. Und der Sanitär verspricht übermorgen für den Wasseranschluss zu kommen. Halleluja.

Die Weihnachtsguetsli sind dieses Jahr besonders gut.

Letztendlich wurde die Küche rechtzeitig fertig. Mit viel Elan und Freude konnte ich nun die Küchenutensilien in den neuen Schränken und Schubladen einräumen, die provisorische Herdplatte im Keller verstauen. Die Stube war wieder eine richtige Stube. Vor allem liess sich auf dem neuen Herd für meine Gäste wunderbar kochen. Und im neuen Backofen entstanden die wohl feinsten Guetsli, die ich je an Weihnachten auftischte. Auch wenn es dann an Weihnachten fast sommerlich warm war – und der Buddha wieder ohne Mütze dastand.
Fotos: rv

Bereits erschienen:
Der Mythos von weissen Weihnachten – von Linus Baur
Zwischen Tradition und Klimawandel – von Peter Schibli

 

 

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1 Kommentar

  1. Eine schöne Geschichte! Bei mir sitzt auch ein Buddha, allerdings im Schlafzimmer. Ihr Schneeschaufeln erinnerte mich sofort an das Gedankengut des tibetischen Buddhismus, wie das Erschaffen und Zerstören eines Sandmandalas, nur ist es hier der Schnee. Oder wie das geduldige Warten auf die Handwerker und die neue Küche. Ich habe übrigens fast dieselbe, nur mit rechteckigen Halterungen und leider (noch) nicht aufgeräumt. Weiter viel Spass beim Kochen und Backen und eine besinnliche Weihnachtszeit.

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