1 KommentarDer grosse Schnee - Seniorweb Schweiz

Der grosse Schnee

Weisse Weihnachten sind ein Geschenk des Himmels, vor allem weil sie immer seltener werden. Und sie sind ein Traum, der schon vor Jahren Traum geblieben war, denn die Statistik zeigt auf, wie oft es grüne Weihnachten waren. Auch gegen Ende 2024 haben wir sie uns gewünscht, allerdings ohne Hoffnung, denn die Klima-Erwärmung ist kein Fake und die Meteo-Auguren rechneten eher mit Wärmeeinbrüchen und grünen Weihnachten.

Die Weissen – so nannte meine Mutter die Anisbrötchen und Chräbeli – sind rechtzeitig fertig geworden.

Zwar hat es vor dem Advent kurz und heftig bis ins Unterland geschneit. Aber nach zwei drei Tagen blieben trotz 30 Zentimeter Neuschnee nur schmutzige Haufen im Schatten zurück. Wie fast jedes Jahr kam der Schnee zu früh, war die Welt noch zu warm, als dass der Schnee hätte liegen bleiben können.

Rechtzeitig wie jedes Jahr die sechs Krippenfiguren aus Terracotta ausgepackt, die ich im letzten Jahrhundert auf einem italienischen Markt gekauft hatte.

Da dieser Beitrag der allerletzte unserer diesjährigen Serie Weisse Weihnachten ist, darf ich den Tatbeweis für Frau Holle oder den hl. Petrus antreten: Der Schnee ist gefallen, auf den Tag genau. Allerdings inneralpin auf tausend Meter Meereshöhe und mehr wurde es exakt zum Heiligabend weiss.

21.12.24: Schneereste im Schatten am Berg auf 1500 Metern.

Am 21. Dezember fuhren wir teils in strömendem Regen Richtung Viamala. Dahinter war das Wetter besser, der Himmel teilweise blau, Schnee lag aber sogar auf den Gipfeln praktisch keiner, bis oben in die Bergdörfer waren die Grashänge schneefrei und graugrün. Am 22. Dezember nachmittags setzte leichter Schneefall ein. Aber der Halbmond zeigte sich des nachts zwischen Nebelfetzen immer wieder.

23.12.24 Es schneit einen Tag und eine Nacht.

Dann schneite es richtig ein, vermutlich zur Begeisterung aller, die sich auf Wintersport freuten und zur Genugtuung jener, die an Liften und auf Pisten ihr Geld verdienen. Am 23. Dezember rieselte der Schnee nicht etwa sanft, ein regelrechter Sturm blies die Kreten wieder beinahe aper, aber es fiel ja immer noch mehr Schnee und noch mehr Schnee – stundenlang auch während der Nacht zum 24. Dezember.

23.12.24 um halb elf Uhr nachts: Es schneit weiter

Die kleine Tanne, die wir unlängst in den Hang gepflanzt hatten, wurde zum glitzernden Zwerg, und am nächsten Vormittag – es hat pünktlich zum Heiligabend aufgehört zu schneien – eine winzige unregelmässige Pyramide.

24.12.24 um acht Uhr fünfzig: Schneefall vorbei, aber Sonne noch nicht da.

Aber es wurde Heiligabend und wieder Tag: Um neun stieg die Sonne in leichtem Gewölk hinter dem Ostgrat auf. Hell aber nicht blau blieb der Himmel über Massen von Schnee.

24.12.24 um 13 Uhr 47: Ein Rabe findet Futter auf dem Dach des Nachbarhauses. Video © Christine Knuchel

Auf den Ästen der grossen Fichten daneben lagen dicke Schichten in weiss, die zusammengebundenen Beerensträucher hatten eine Mütze auf, das Dorf, alle Häuser und Strassen schneebedeckt.

24.12.224 um 15 Uhr zwanzig: Die weisse Henne — gewiss um Jahre älter als ich — hat bereits auf dem Christbaum Platz genommen.

Gegen Abend löste sich auch das letzte Wölkchen auf, ein Sternenhimmel wölbte sich über einer weissen Landschaft und am 25. Dezember waren Weisse Weihnachten genau so wie auf kitschigen Postkarten.

25.12.24 um neun Uhr und zwei Minuten: Sie kommt über den Berg.

Am wolkenlosen Himmel steigt die Sonne aus der tiefsten Lücke des Grats, die Schneedecke zieht sich ihr Glitzergewand über, ausser ein paar Tierspuren ist noch alles unberührt – die ersten Sportler kraxeln erst nachmittags den Hang hinauf und hinterlassen im steilen Gelände ihre Spur.

25.12.24 um elf Uhr: Frische Fährten von Rehen

Schon kurz nach diesem weissen Traum mit den über und über verzuckerten Wäldern beginnen die Fichten, ihre Last in der warmen Sonne als Staublawine abzuschütteln, eine nach der andern. Von den Hausdächern und Balkonen im Dorf tropft es, die Postautostrecke ist schwarz geräumt, die Haufen vom Pflügen am Strassenrand werden wieder schmutziggrau.

25.12.24 abends: Ein kleiner weisser Engel zeigt sich am Weihnachtsbäumchen.

Weisse Weihnachten 2024: Schön war es.

Fotos: Eva Caflisch

Schon erschienen:
– Der Mythos von weissen Weihnachten – von Linus Baur
– Zwischen Tradition und Klimawandel – von Peter Schibli

– Warten mit Buddha – von Ruth Vuilleumier
– Keine Spur von Schnee und Eis – von Sibylle Ehrismann
Liebe Frau Holle, was ist mit Ihnen los? – von Peter Steiger
– Lieber weiss als Weihnachten – von Robert Bösiger
Schnee! – Schon geschmolzen? – von Maja Petzold
Weihnachts-Wunderland in Bild und Ton – von Bernadette Reichlin
– Erinnerungen – von Josef Ritler
Weibnächtliche Stimmungsschwankungen – von Beat Steiger

 

 

 

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1 Kommentar

  1. Statt warten aufs Christkind warten auf Schnee…eine spannende Geschichte von mit Humor beschriebenen Episoden. Die Spannung steigt – und nun ist er da! Und noch immer verzaubert er die Welt. Einen guten Start ins neue Jahr!

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