Gegen Hitze im Sommer genügt es nicht mehr, in den Schatten zu stehen und an einem Eis zu lecken. Gegen Überschwemmungen helfen Luftmatratzen nur bedingt. Können mit dem Schwammstadt-Prinzip unbeliebte Folgen des Klimawandels eingedämmt werden?
«Trockene Sommer», «Heftige Niederschläge», «Mehr Hitzetage», «Schneearme Winter» wurden in den Klimaszenarien des Bundes von 2018 angekündigt und wir können in den Zeitungen fast täglich Berichte darüber aus nah und fern lesen. Mit Schwammstädten wird versucht, Hitzetage zu mildern und Überschwemmungen als Folgen sehr starker Niederschläge in kurzer Zeit einzudämmen.
Das Schwammstadt-Prinzip
Die Grundidee ist gemäss der Info-Plattform Schwammstadt, Regenwasser als wertvolle Ressource zu nutzen, statt es aus durch Asphalt oder Beton versiegelte Böden möglichst schnell abfliessen zu lassen. Geringe Niederschläge sollen direkt Pflanzen zur Verfügung stehen oder verdunsten. Bei mittleren Niederschlägen kann ein Teil des Wassers in tiefere Bodenschichten gelangen und als Grundwasser gespeichert werden. Erst bei Starkniederschlängen kommt es zusätzlich zu geleitetem Oberflächenabfluss durch Abflusskorridore.
Dadurch werden Städte grüner. Die Biodiversität nimmt zu. Hitzetage werden gemildert durch ein angenehmeres Mikroklima. Erholungsraum entsteht – vielleicht auf Kosten von Parkplätzen oder breiten Strassen. Da wird ein Konfliktpotential sichtbar, weswegen die verschiedenen Nutzer von urbanen Regionen gut miteinander in lösungsorientierte Gespräche kommen müssen.
Netzwerk für Schwammstädte
Auf der Info-Plattform Schwammstadt wird ein Netzwerk für ein klimaangepasstes Wassermanagement in Schwammstädten präsentiert: «Die Projekt-Oberleitung steuert das Projekt und setzt die Themen für die Begleitgruppensitzungen. Sie besteht aus Vertretern des VSA, des Bundesamtes für Umwelt (Abteilung Wasser), der Präventionsstiftung der kantonalen Gebäudeversicherungen (PS), des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA), dem Verband Kommunale Infrastruktur (SVKI) und der Schweizerischen Mobiliar Genossenschaft (im Rahmen ihres Gesellschaftsengagements).» Mithilfe von Begleitgruppen bestehend aus politischen und fachlichen Akteuren und thematischen Arbeitsgruppen werden konkrete Projekte diskutiert und umgesetzt. Da viele Akteure mit unterschiedlichen Interessen im Spiel sind, ist die Zusammenarbeit bestimmt nicht immer ganz einfach.
Beispiele
Auf der Info-Plattform Schwammstadt sind viele interessante Beispiele aufgeführt. Drei davon seien hier kurz mit Foto präsentiert:
«Der öffentliche Parkplatz des Trauungslokals im neuen Schloss in Bern Bümpliz weist keinen Anschluss an die Kanalisation auf. Das Regenwasser wird vollständig vor Ort versickert.» Rasengittersteine ermöglichen die Versickerung. Für mobil beeinträchtigte Personen wird die Zugänglichkeit zu den Parkfeldern mit grossen Verbundsteinen zwischen den einzelnen Parkfeldern ermöglicht. Bei grossen Regenmengen kann das Wasser über die bepflanzten Grünflächen am Rande der Parkplätze versickern. (Foto©vsa)
Albisrieder Dorfbach Zürich. Die Stadt Zürich hat in den späten 1980er Jahren eingedolte Bäche offengelegt, um die Regenwasserbewirtschaftung naturnaher zu gestalten. Der Albisrieder Dorfbach wurde auf einer Länge von 2,5 km ausgedolt, so dass für die Bevölkerung ein Naherholungsgebiet entstanden ist und ökologische Lebensräume geschaffen wurden. Damit wurde das Quartier erheblich aufgewertet mit einem hohen Erholungs- und Erlebniswert für Kinder und Erwachsene. Seit der Offenlegung des Dorfbaches wird Regenwasser aus Dächern und Fusswegen aus den angrenzenden Siedlungen in den Dorfbach geleitet statt direkt in die Kanalisation. (Foto©Stefan Hasler, vsa)
Der Glattpark Opfikon wurde 2006 errichtet und überzeugt durch eine klimaangepasste Regenwasserbewirtschaftung. Der künstlich angelegte See erleichtert das Regenwassermanagement und kann als Badesee und zur Erholung genutzt werden. Zudem wird Biodiversität erhöht und Hitze gemindert. (Foto©vsa)
Bis ein Projekt umgesetzt wird, kann es Jahre oder eher Jahrzehnte dauern. Wie viele Beispiele zeigen, lohnt es sich dranzubleiben. Auch Seniorweb bleibt dran am Thema «Schwammstadt», weil dadurch wertvolle Impulse gegeben werden für eine erholsame Wohnumgebung in Zeiten des Klimawandels. Damit wird ein Gegentrend geschaffen zur blossen Ökonomisierung in der Immobilienbranche und zur einseitigen Bevorzugung der Interessen des Autofahrers, der am liebsten durch geteerte Strassen fährt und auf versiegelten Parkplätzen parkt.
Beispielsammlung Guter Umgang mit Regenwasser
Website des Verbands Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute VSA
Hier finden Sie die bisher publizierten Beiträge zur Sommerserie Heiss:
Linus Baur: Nichts wird so heiss gelebt…
Bernadette Reichlin: Von der Stirne heiss...
Eva Caflisch: Regensturm statt Sommerhitze
Josef Ritler: Heissi Marroni, ganz heiss
Maja Petzold: Fata Morgana oder «Lass dich nicht täuschen»
Peter Schibli: Heiss auf Eis
Ruth Vuilleumier: In Mali ist es richtig heiss